Apple im Jahr 2024: Das Jahr, in dem wir klarer sehen
Kaum ein Jahr wird in Sachen Apple so spannend werden wie 2024. Das Unternehmen könnte im besten Falle gestärkt daraus hervorgehen, meint Malte Kirchner.

Blick in die Apple-Glaskugel.
(Bild: Erzeugt mit Midjourney durch Mac & i)
Selten war man sich so sicher wie heute: Apple hat sich für das kommende Jahr viel vorgenommen. Und auch diejenigen, die die Aktivitäten des kalifornischen IT-Giganten in Europa beobachten, haben sich für Apple viel vorgenommen – was das Unternehmen wiederum weniger freuen dürfte. Fest steht jedenfalls: Kaum ein Jahr dürfte so spannend werden wie 2024.
Produktseitig wird sich zunächst im wahrsten Sinne des Wortes zeigen, was an der großen Ankündigung der Vision Pro als Auftakt zur Ära des räumlichen Computers wirklich dran ist. Die starke Konkurrenz von Meta, die auf die USA beschränkte Verfügbarkeit und der hohe Preis von mindestens 3.500 US-Dollar lassen berechtigte Zweifel daran aufkommen, ob es der Vision Pro gelingen wird, sich als Trend zu etablieren wie seinerzeit das iPhone oder das iPad. (Hinzu kommt, dass die verfügbaren Stückzahlen anfangs gering sein werden, denn die Hardware ist extrem komplex.) Zum anderen ist hinsichtlich der technischen Spezifikationen, der Apple-eigenen Apps und des Angebots an Dritt-Apps und -Inhalten noch einiges im Unklaren. In jedem Fall wird Apple 2024 liefern müssen und nicht mehr die Aufmerksamkeit wie im Moment noch steuern können.
Neue Produkte treffen auf die Realität
Ähnliches gilt für die nächste Generation von CarPlay, bei der Apple die selbst gesetzte Frist für erste Ankündigungen bis Ende 2023 nur knapp eingehalten hat. Doch neben den beiden Namen Porsche und Aston Martin und der Information, dass Apple den Designwünschen der Hersteller offenbar mehr entgegengekommen ist als zunächst angenommen (und als von Apple erhofft?), sind noch nicht viele weitere neue Details bekannt geworden. Mit den ersten Fahrzeugintegrationen bei Aston Martin wird Apple, ähnlich wie bei der Vision Pro, das Produkt aus seiner alleinigen Deutungshoheit entlassen müssen.
Deutlich spekulativer ist derzeit der Blick auf die Apple Watch. Die Symbolzahl 10 oder X wird sich Apple als Marketingbühne kaum entgehen lassen wollen, zumal die allererste Watch im September 2014, also vor genau zehn Jahren, erstmals präsentiert wurde. Und in der Tat wäre es an der Zeit, eine Perspektive für die Series-Uhren aufzuzeigen, ob sie in der Mittelklasse zwischen der günstigeren SE und dem Topmodell Ultra neue Alleinstellungsmerkmale erhalten soll oder nur einzelne Funktionen von der Ultra übernimmt. Vieles deutet darauf hin, dass Apple mehr mit ihr vorhat.
Neue EU-Regeln mit Gestaltungsspielraum
Andere Themen im Jahr 2024 werden Apple hingegen von außen vorgegeben. Aber auch im Umgang mit neuen Vorgaben der Europäischen Union hat Cupertino einen gewissen Gestaltungsspielraum, bei dem sich nun der Schleier lüften wird.
Dazu gehört etwa, wie Apple den Digital Markets Act im App Store umsetzt, also alternative App Stores und Sideloading zulässt. Auch die Öffnung der NFC-Schnittstelle soll im Streit mit der EU nun auf der Tagesordnung stehen. Dagegen nimmt sich die drohende Strafe der EU für das Verbot von Apps im App Store, auf alternative Einkaufsmöglichkeiten hinzuweisen, geradezu bescheiden aus. Sehr dynamisch entwickelt sich auch das Thema iMessage: Zwar ist die Kuh wohl vom Eis, dass die EU iMessage als großen Player einstuft. Dennoch macht Apple mit RCS einen Schritt in Richtung Öffnung der Nachrichten-App für die Kommunikation mit Android-Geräten. Angesichts der hitzigen Debatte um iMessage auf Android und drohender politischer Untersuchungen in den USA offenbar aus gutem Grund. Welche Farbe die Nachrichten wohl haben werden?
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Nachhaltige Veränderungen
Fest steht: Die notwendigen Software- und App-Store-Änderungen werden das Erscheinungsbild und das Nutzungserlebnis des iPhones sichtbar verändern. Und mit der neuen Produktklasse Vision Pro geht Apple alle damit verbundenen Risiken ein, wenn eine komplett neue Plattform eingeführt wird. Im Vergleich zum Jahr 2023, in dem die größten Sorgen zu wenig Innovationen und die Einführung von FineWoven-Stoffen statt Leder waren, lässt sich heute schon sagen, dass wir in einem Jahr ein ganz anderes Apple erleben und bewerten werden als heute. Hinzu kommt das Thema KI, bei dem sich Apple bislang sehr zurückhält. Wird iOS 18 endlich eine bessere Siri bringen, der Konzern erstmals generative Software einsetzen? Klar ist: Marktdruck allein bestimmt Apple selten. Da wird lieber gewartet, bis alles sitzt.
Durch Veränderungen muss es nicht automatisch schlechter werden, weder für Apple noch für die Kunden. Apple wird vielleicht feststellen, dass seine Produkte wie das App-Payment-System auch ohne Zwang für App-Anbieter bestehen werden. Und es wird vielleicht Dienste ändern oder einstellen, die ohne seine strikten Vorgaben nicht überlebensfähig sind. Die Kunden werden offenere Systeme vorfinden, aber auch lernen müssen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen, da Apple sie ohne den Zangengriff des App Stores nicht überall schützen kann.
2024 ist für Apple also ein Jahr mit vielen Risiken, aber auch mit großen Chancen für Verbesserungen. Auf jeden Fall werden wir am Ende einiges klarer sehen – nicht nur mithilfe der Vision Pro.
(mki)