Die Woche: Novell - auf dem Weg zur Linux-Firma?

Eigentlich ist Linux bei Novell eine Erfolgsgeschichte. Trotzdem setzt das Unternehmen nur zögerlich auf diese Karte.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Dr. Oliver Diedrich

Als Novell vor wenigen Tagen die Zahlen für ein zweites Quartal 2009 veröffentlichte, musste das Unternehmen – angesichts der viel beschworenen Wirtschaftskrise wenig überraschend – einen Umsatzrückgang von 8,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr vermelden. Die jüngsten Zahlen passen allerdings zur Tendenz bei Novell: Seit Jahren sinkt der Umsatz – von knapp 300 Millionen US-Dollar pro Quartal Ende 2004 auf nunmehr knapp 216 Millionen.

Ein Geschäftsbereich jedoch wächst in den letzten Jahren kontinuierlich und mit zweistelligen Zuwachsraten: Linux. Lag der Umsatz mit Linux vor drei Jahren noch bei rund 10 Millionen US-Dollar, konnte man in diesem Jahr schon 37 Millionen Dollar mit Linux umsetzen (siehe Tabelle).

Umsatzentwicklung bei Novell
in US-Dollar
Quartal Gesamtumsatz
(Veränderung gegenüber Vorjahr)
Umsatz mit Suse Linux
(Veränderung gegenüber Vorjahr)
2/06 278 Mio. (-6,4%) 10 Mio. (+25%)
3/06 241 Mio. (-16,9%) 12 Mio. (+50%)
4/06 245 Mio. (-23,4%) 13 Mio. (-13%)
1/07 230 Mio. (-16,1%) 15 Mio. (+15%)
2/07 239 Mio. (-14,0%) 19 Mio. (+90%)
3/07 243 Mio. (+0,8%) 21 Mio. (+75%)
4/07 245 Mio. (0%) 22 Mio. (+69%)
1/08 231 Mio. (+0,4%) 28 Mio. (+87%)
2/08 236 Mio. (-1,3%) 29 Mio. (+53%)
3/08 245 Mio. (+0,8%) 31 Mio. (+48%)
4/08 245 Mio. (0%) 33 Mio. (+50%)
1/09 215 Mio. (-6,9%) 35 Mio. (+24%)
2/09 216 Mio. (-8,5%) 37 Mio. (+25%)

Trotzdem hatte das Novell-Management offenbar lange Zeit keine so rechte Idee, wie man das Geschäft mit Linux zum Fliegen kriegt – wie sonst ließe sich erklären, dass Novell-Chef Ron Hovsepian noch zu den Zahlen des ersten Quartals 2009 erklärte, das (im Jahresvergleich um 24 Prozent, gegenüber dem Vorquartal um sechs Prozent gestiegene) Linux-Geschäft habe nicht den Erwartungen des Unternehmens entsprochen?

Aber hier scheint sich etwas geändert zu haben: Bei der Präsentation der Zahlen des zweiten Quartals erklärte Hovsepian auf einmal Linux (neben Identity-Management) zur Sparte mit dem größten Potenzial und den besten Aussichten. Vielleicht ist dem Novell-Chef aufgefallen, dass sich die Entwicklung des Linux-Geschäfts klar gegen den Trend stellt?

Doch wird Novell damit zur Linux- und Open-Source-Firma? Auf viele Anwender macht das Unternehmen derzeit eher den Eindruck eines Gemischtwarenladens: Hier die Identity- und Compliance-Lösungen, dort Software für das Systemmanagement (ZENworks und die Podukte der im letzten Jahr übernommenen Platespin), dann noch die Collaboration-Linie rund um Groupwise – und eben Linux. Zu viel, um sich als Spezialist in einem Bereich zu etablieren, zu wenig, um als Komplettanbieter gegen IBM und Konsorten anzutreten. Ein bisschen Open Source (Novell bezahlt eine Reihe von Linux-Entwicklern, engagiert sich aber auch bei diversen anderen Open-Source-Projekten), aber auch viel proprietäre Software – als mixed source erklärt Novell das kurzerhand zum Prinzip.

Offenbar glaubt man bei Novell noch nicht so recht daran, dass sich mit Open Source wirklich Geld verdienen lässt, schreckt vor der Offenlegung eigener Produkte zurück und setzt lieber auf traditionelle proprietäre Software. Der Erfolg des eigenen Linux-Angebots sollte allerdings zu denken geben ... (odi) (odi)