Die magische Pille schnellen Fahrens

Seite 2: Magische Pille, Wirkstoff: Arbeit

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Das Interessante daran: Er hat keinerlei charakterliche Aspekte, die wir üblicherweise mit Rennfahrern verbinden. Verbalisierte Sexualität ist ihm eher unangenehm. Gewalt sowieso. Er fragt "Könntest du bitte die Funken sprühenden Knieschleifer gegen normale tauschen?", statt zu schreien "Hör auf, mir Funken an den Hals zu werfen, du Vollidiot!". Er fährt ein Superbike aus Erlebnis-Gründen, nicht für die einfacher erreichbaren besseren Rundenzeiten. Er stärkt seine Beine nicht für Rennsiege, sondern für beschwerdefreie Trainings. Trotzdem hat er sich in Oschersleben weiter verbessert und wird das auch weiterhin tun. Er ist nicht überdurchschnittlich mutig. Er legt jedoch eine überdurchschnittliche Konsequenz an den Tag, mit dem er Renntrainings angeht. Das führt zu seinen überdurchschnittlichen Leistungen auf dem Motorrad. Es gibt keine magische Pille, die einem das sofort gibt. Es gibt nur die Arbeit.

Verbesserungen gegenüber letztes Mal: 404 not found

(Bild: Clemens Gleich)

Einer der besten Titel eines Sachbuchs über das kreative Schaffen lautet "Do the Work" ("Mach' die Arbeit"). Wir hoffen alle auf den einen Tipp, diese eine magische Pille, die uns das gibt, was wir uns wünschen: den idealen Körper, den gekonnten Tennis-Aufschlag, eine Motorrad-Rundenzeit unter 1:30 in Oschersleben. Und es gibt sie, irgendwie. Sie schmeckt nur sehr bitter, denn die magische Pille sind jahrelanges, gezieltes Training – durch Plateaus gebissen, aus Sackgassen zurückgerudert, sich über andere Menschen, vor allem aber sich selbst geärgert. Um diese harte Arbeit kommt nur herum, wer seine Wünsche nicht mehr als Ziele sieht. Auch Walter Röhrl hat sein Talent durch Training entdeckt und es für mehr Training genutzt, denn Weltmeistertitel werden nicht für vages Potenzial ("Talent") verliehen, sondern für konkrete Leistungen.

Zum Glück wusste ich das schon vor Jahren. Nach dem Fastbike-Artikel gab ich es auf, selber Rennstrecke zu trainieren. Das Projekt stellte sich als finanziell unleistbar für ein Schreiber-Einkommen heraus, und ein zusammengeschnorrtes "wie der Hörr Redaktör fahren lernte" war schon damals die ausgelutschteste Geschichte der Branche. Deshalb weiß ich auch, dass ich nie Rennfahrer-Zeiten in Autos fahren werde. Gegen die Kosten eines Auto-Renntrainings schauen die Ausgaben für Motorrad-Trainings lächerlich gering aus. 350 Euro für den Satz Slicks – niedlich!

Folglich bin ich in Oschersleben nur aus Spaß an der Freude gefahren. Doch die Trainingsergebnisse meines Bekannten haben mich motiviert, mir selbst einen Motorsport zu suchen, in dem ich mir konsequentes Training leisten kann. Altersgerecht, für Gewichtsfetischisten geeignet, (relativ) günstig und idealerweise auf eigenem Grund trainierbar. Trial ist geil, habe ich mir sagen lassen ...

Trainer Hans, der kann's. Und lächelt stets dabei. Trial ist eine super Sportart für alte Herren.

(Bild: Clemens Gleich)

(cgl)