Kommentar: Die #Spritpreisbremse, die Geringverdiener und die Geringversteher

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans fordert Maßnahmen gegen teuren Sprit. Damit zeigt er ein allenfalls taktisches Verhältnis zur Marktwirtschaft.

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Benzinpreise

Alle auf dem Weg zur Tankstelle?

Lesezeit: 2 Min.

Tobias Hans, Ministerpräsident des Saarlands, ist einem Skandal auf der Spur. In einem Video, das am Dienstag viral ging, stellte er sich vor eine Esso-Tankstelle und sprach mit entschlossener Stimme in sein Handy: "Jetzt ist ein Punkt erreicht, wo gehandelt werden muss." 2,12 Euro für einen Liter Diesel gehe gar nicht. Hans: "Das trifft nicht nur Geringverdiener, sondern die vielen fleißigen Leute." Ergo forderte er vom Bund eine "Spritpreisbremse", wohl in Form von gesenkten Steuern, denn im Moment "bereichere" sich der Staat daran.

Mal abgesehen von der widerlichen Gegenüberstellung von "Geringverdienern" versus "fleißige Leute" offenbart das Video wieder einmal das allenfalls taktische Verhältnis vieler geringverstehender Konservativer zum Markt und zur sozialen Gerechtigkeit. Ein Markt hat unter anderem die Aufgabe, Knappheitssignale auszusenden. Und genau das tut er im Moment. Fossiler Sprit droht knapp zu werden, also legen Preise von über zwei Euro nahe, doch bitteschön etwas sparsamer damit umzugehen.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Doch so viel Markt ist CDU-Mann Hans nicht ganz geheuer, weshalb er daraus flugs eine Frage der sozialen Gerechtigkeit konstruiert. "Konservative, die eine #Mietpreisbremse als Planwirtschaft bezeichnet haben, fordern eine #Benzinpreisbremse. Das Verständnis für die Dynamiken der Marktwirtschaft ist bei Liberalen und Konservativen nicht mehr umfassend vorhanden", kommentiert Twitter-Nutzer @olewin süffisant. Und @ElektroRobin twittert: "Genau, um die [kleinen Leute] ging's Euch in der ganzen Debatte ja auch nie. Danke für die Ehrlichkeit."

Wer sich wirklich Sorgen darüber macht, welche Folgen hohe Energiepreise für arme Menschen haben, sollte gezielt bei der wirklichen Ursache ansetzen – bei der Armut nämlich. Hier würden beispielsweise höhere Steuerfreibeträge helfen. Gegenfinanzieren ließe sich das beispielsweise durch Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, von dem nur Besserverdienende profitieren. Oder durch die höheren Steuereinnahmen durch die gestiegenen Spritpreise. (Hier hat Hans Recht: Der Fiskus bereichert sich in der Tat. Aber ob das etwas Schlechtes ist, hängt davon ab, was der Staat mit dem Geld anstellt.)

Und wen die eigenen Spritkosten ärgern: Tempo 100 auf der Autobahn und der Verzicht auf SUVs sollen helfen, habe ich gehört.

(grh)