Kommentar: Ende einer Diesel-Woche

Die Aufarbeitung des Betrugs rund um Abgaswerte hat in dieser Woche gleich zwei Fortschritte erzielt. In beiden Fällen bleibt ein bitterer Nachgeschmack.

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(Bild: Pillau)

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Der Volkswagen-Konzern hat betrogen und Strafen in Milliardenhöhe zahlen müssen. In dieser Woche kam die juristische Aufarbeitung gleich zwei Schritte weiter, wobei die Entscheidung zum sogenannten Thermofenster auch andere Hersteller trifft. Mit Ex-Audi-Chef Rupert Stadler stand zudem einer der ehemaligen Entscheider auf höchster Ebene vor Gericht. In beiden Fällen bleibt, wohlgemerkt abseits einer juristischen Beurteilung, das Gefühl zurück, dass die Verursacher ziemlich günstig weggekommen sind.

Jahrelang hat die Masche gut funktioniert: Verschiedene Hersteller haben erfolgreich verteidigt, dass ihre Abgasnachbehandlung beim Unterschreiten einer gewissen Temperatur zurückgefahren wird, um den Motor zu schützen. Bei einigen Modellen wurde ein solcher Schutz bei Temperaturen unterhalb von 17 und oberhalb von 30 Grad für nötig erachtet. Flapsig formuliert könnte man festhalten, dass diese Art der Abgasnachbehandlung nur in der Übergangszeit aktiv ist. Hersteller sind mit dieser Erzählung lange durchgekommen. In dieser Woche ist der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof gefolgt und hat die Hürden für Schadenersatz gesenkt.

Das klingt zunächst vielversprechend, doch für den betrogenen Autokäufer, der mit einem erheblichen Wertverlust als Folge kalkulieren muss, sind die 5 bis 15 Prozent vom Kaufpreis bestenfalls ein Teil des tatsächlich entstandenen Schadens. Eine genaue Bemessung obliege den Gerichten. Weitere Abzüge vom Schadenersatz sind im Einzelfall durchaus noch möglich. Wer einst also beispielsweise einen VW Golf TDI für 30.000 Euro kaufte, kämpft unter Umständen um 1500 Euro minus möglicherweise weiterer Abzüge. In jedem Einzelfall ist außerdem zu klären, ob wirklich eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt.

Ob das immer gelingt, darf angezweifelt werden. Denn den Herstellern fällt zwar eine Beweislast zu, dass die Abschalteinrichtung nicht illegal war. Das allerdings dürfte in einigen Fällen gute Chancen haben. Hat ein Hersteller das KBA ausführlich über ein Thermofenster informiert und das Amt hat das genehmigt, könnte es für Kläger schwierig werden. Das EuGH hat allerdings im vergangenen Jahr entschieden, dass diese Technologie nur im Ausnahmefall zulässig ist. Für die Betrogenen öffnet sich hier also keineswegs die Tür zu einem problemlos einzusammelnden Geldsegen. Auf die Gerichte in den unteren Ebenen kommt reichlich Arbeit zu, die sie noch Jahre beschäftigen wird.

Abgeschlossen ist dagegen der Fall rund um Rupert Stadler. Der Ex-Audi-Chef hat sich als exzellenter Taktiker erwiesen. Jahrelang hat er seine Unschuld beteuert und Stück für Stück immer genau so viel zugegeben, wie ihm gerade nachweisbar war. Am Ende steht ein Geständnis. Dabei liegen ein paar unumstößliche Fakten auf dem Tisch: 2015 hatte der Volkswagen-Konzern nach der Aufdeckung des Betrugs medienwirksam verkündet, reinen Tisch machen zu wollen. Bei Audi allerdings wurden noch bis Anfang 2018 Neuwagen übergeben, von denen man wusste, dass sie zu wenig AdBlue einspritzen, um die Abgaswerte auch auf der Straße einzuhalten. Der Vorsitzende Richter Stefan Weickert bezifferte den Schaden auf 41 Millionen Euro.

Noch Jahre später Neuwagen mit einer unzulässigen Abgasnachbehandlung in den Handel zu bringen, ist eine Unverfrorenheit, für die Stadler milde bestraft wurde. 21 Monate auf Bewährung und 1,1 Millionen Euro Strafe – kein Taschengeld, gewiss, aber damit wird Stadler, der über Jahre ein Vielfaches bekommen hat, leben können. Ruiniert ist er sicher nicht, dementsprechend entspannt verließ er den Gerichtssaal. Auch seine Kollegen, die den Betrug mit zu verantworten haben, kamen glimpflich davon. Hatz muss 400.000 Euro zahlen und 24 Monate auf Bewährung hinnehmen, sein Kollege 21 Monate und 50.000 Euro. Genessen an den früheren Gehältern, die hier angenommen werden dürfen, ist auch hier nicht mit einer existenziellen Notlage zu rechnen.

Ob all das juristisch angemessen ist, wird selbst unter Fachleuten sicherlich unterschiedlich bewertet. Fest steht allerdings: Für die drei Angeklagten hat ihr Betrug keine Folgen, die die persönliche oder die finanzielle Freiheit in schwerwiegender Form beschneiden würden. Angesichts der Dimensionen dessen, was sie da wissentlich mit angerichtet haben, wäre zumindest eines davon zu erwarten gewesen. Es bleibt das Gefühl zurück, dass Stadler und seine Kollegen für eine schwere Straftat nahe der Wohlfühlzone haften müssen.

(mfz)