Kommentar: Wir brauchen ein Öko-Label für Erdgas

Die EU-Kommission will stärker gegen Methan-Emissionen vorgehen. Das könnte dringend benötigte Transparenz in den Erdgasmarkt bringen.

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(Bild: anek.soowannaphoom/Shutterstock.com)

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Methan ist ein weitaus stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid. Allerdings verbleibt es mit rund zwölf Jahren auch deutlich kürzer in der Atmosphäre. Eine Reduktion des Ausstoßes wirkt bei Methan also deutlich schneller auf das Klima als bei CO2.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Das hat auch die EU-Kommission erkannt. Am 15. Dezember schlug sie Maßnahmen vor, den Methan-Ausstoß bei der Kohle-, Öl- und Gasförderung bis 2030 um 80 Prozent zu senken. Förderer in der EU sollen demnach …

  • den Methan-Ausstoß ihrer Anlagen überwachen und den Behörden melden. Das betrifft auch Anlagen, die nicht mehr in Betrieb sind.
  • ihre Förderanlagen, Pipelines und Pumpstationen regelmäßig auf Lecks untersuchen und diese reparieren.
  • Methan nur noch in Ausnahmefällen ablassen oder abfackeln.

Auch Förderer außerhalb der EU sollen ihre Methan-Emissionen transparent machen, wenn sie ihr Erdgas nach Europa exportieren wollen.

In einem Statement für das Science Media Center verwies Professor Stefan Lechtenböhmer vom Wuppertal Institut darauf, dass die europäische Energiebranche in Sachen Methan schon "recht gut aufgestellt" sei und dass der größte Teil der Methan-Emissionen außerhalb Europas anfalle. "Sollte es gelingen, international auf ein vergleichbares Emissionsminderungs-Niveau zu kommen, wäre das eine extrem wichtige Sofortmaßnahme für das Klima", so Lechtenböhmer.

Der Energiesektor ist in der EU zwar nur die drittgrößte Methan-Quelle nach Landwirtschaft und Abfallwirtschaft, allerdings sei das Treibhausgas dort einfacher und wirtschaftlicher einzufangen. "Die Energiewirtschaft ist in Bezug auf die Methanemissionen eine tiefhängende Frucht", so Lechtenböhmer.

Mit dem sogenannten "Methan-Schlupf" bei Förderung und Transport steht und fällt auch die Klimabilanz von Erdgas. Ohne Kenntnis dieser Größe lässt sich nicht seriös entscheiden, ob und wieweit der Einsatz von Erdgas sinnvoll ist.

Insofern ist der Schritt der EU-Kommission, mehr Transparenz und eine solidere Datenbasis einzufordern, auf jeden Fall zu begrüßen. Es wäre allerdings schade, wenn die Daten auf irgendwelchen Behördenservern vergammeln würden. Sie könnten die Grundlage für so etwas wie ein Öko-Label für Erdgas legen. Privatkunden und Unternehmen könnten sich dann bewusst für Gaslieferanten mit niedrigen Treibhausgas-Emissionen entscheiden – ähnlich wie beim Ökostrom.

Und auch bei der Verstromung könnte sich die Herkunft des verwendeten Erdgases in der Klimabilanz der erzeugten Kilowattstunden wiederfinden. Auf diese Weise könnte vergleichsweise sauber gefördertes Erdgas einen höheren Marktwert erzielen – und damit einen wirtschaftlichen Anreiz schaffen, Methan-Emissionen zu senken.

(grh)