Missing Link: Klimawandel? – Technologie wird uns auch diesmal nicht retten

Seite 2: Das hört nie auf

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Bei kommenden Technologien wissen wir also genauso wenig, was sie bewirken werden. Der vielleicht beste Kandidat für einen technologischen Messias sind die CO2 -Scrubber, die jetzt zum Beispiel am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Betrieb gegangen sind. Sie ziehen Kohlendioxid aus der Umgebungsluft und stellen daraus zusammen mit Wasserstoff und Strom brennbare Kohlenwasserstoffe (flüssig und gasförmig) her. Die Technik ist sehr teuer. Stellen wir uns für die Diskussion dennoch vor, sie würde großflächig eingeführt. Ich denke, wir könnten eine sehr sichere Wette darauf setzen, dass betroffene Firmen darauf verweisen würden als Argument, um weiter fossile Kohlenwasserstoffe zu verfeuern. Dann bräuchten wir eine weitere neue Technik, um das extrem teuer aus der Luft entfernte CO2 aus dem Kreislauf in eine Endlagerung zu entfernen. Es hört nie auf.

Ich behaupte: Die Menschheit hatte zu jedem Zeitpunkt ihrer Entwicklung alle Technik, die sie für eine vollständige Kreislaufwirtschaft im Einklang mit ihrem Lebensraum brauchte. Jede weitere Technikmöglichkeit vergrößerte nur unseren Impact, die nicht beachteten Details. Kleines aktuelles Beispiel unter vielen: Die Igel verhungern in diesen Jahren, weil sie zu wenig Insekten zum Fressen finden. Der Igel wird aussterben, darauf können Sie Ihre Kinder bereits vorbereiten. Insekten sind uns egal bis lästig, also hatten sie kaum je eine Lobby. Welche neue Technik soll den Igel retten oder seine Lebensgrundlage, die Insekten? Was hat die dann wieder für unerwartete Technikfolgen, die ihren Effekt ins Gegenteil verkehren?

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

Wir haben genug Technologie. Wir hatten immer genug Technologie. Eine Lösung findet sich nicht in einer neuen Technologie mit neuen unvorhersehbaren Variablen, sondern im gesellschaftspolitischen Willen, uns mit aller existenten Technologie in eine lebenswerte Balance mit unserem Lebensraum zu bringen. Mehr noch: Neue Technologie sollte uns nicht zum Hurra! verleiten, sondern zur kritischen Prüfung mit Technikfolgenabschätzung. Statt auf die göttliche Technikeingebung zu warten, sollten wir auf existierende Methoden setzen, denn mit denen kann man sofort anfangen.

Es gibt zum Beispiel eine seit zehntausenden von Jahren bekannte Technologie, die CO2 bindet, das lokale Klima durch Schatten und Verdunstung zusätzlich kühlt, mit wenigen Eingriffen von selber immer größer wird und obendrein neue Biotope schafft. Sie heißt "Aufforstung". Wenn wir mit Bäumepflanzen anfangen und mit Kohleverstromen aufhören, haben wir mehr geschafft, als es jede neue, bisher nonexistente Technik zum selben Preis je schaffen könnte. (mho)