Pro & Contra: Sollte Apple früher ausmisten?

Einige Produkte bietet Apple jahrelang ohne Aktualisierung an, teilweise sogar zum unveränderten Preis. Sollten die aus dem Verkauf verschwinden?

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Ältere Hardware kann meistens weiterhin ihren Dienst zur Zufriedenheit des Anwenders tun und man muss nicht immer das neueste vom Neusten haben. Etwas anderes ist es jedoch, wenn Apple seit Jahren nicht überholte Produkte weiterhin anbietet. Sollte man die dann noch kaufen oder nicht zumindest auf eine kräftige Preissenkung warten? Das Thema diskutieren die Redakteure Johannes Schuster und Sebastian Trepesch in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Mac & i, Heft 1/2022.

Johannes Schuster findet, Apple sollte veraltete Hardware aus dem Angebot nehmen oder zumindest verbilligen.

Für Apples Mobilgeräte und Rechner gibt es beinahe jedes Jahr eine neue Prozessorgeneration, die leistungsfähiger arbeitet oder zumindest weniger Energie verbraucht. Mit der Vorstellung der neuen gehören die bisherigen Chips zum alten Eisen, nach zwei Jahren gelten sie als angestaubt. Nach drei Jahren arbeiten sie im Vergleich zu aktueller Hardware schnarchend und nach vier Jahren inakzeptabel langsam oder es läuft vielleicht schon das neueste Betriebssystem nicht mehr darauf. Niemand würde auf die Idee kommen, jetzt noch ein iPhone 7 aus dem Jahre 2016 zu kaufen, zumindest nicht zum Preis von damals. Doch Apple bietet seinen Kunden aktuell einen iPod touch an, der im Jahre 2019 zuletzt überholt wurde und einen A10-Fusion-Prozessor aus dem Jahr 2016 enthält.

Wenn der Hersteller die Hardware schon nicht renoviert, sollte er wenigstens den Preis senken. Bei der Apple Watch Series 3 war das wohl unvermeidlich, denn schließlich gab es jedes Jahr ein neues Spitzenmodell. Doch 229 Euro für die bald fünf Jahre alte und reichlich schwachbrüstige Technik zu verlangen, finde ich frech. Ehe das iPad mini 5 in den Handel kam, wurde das iPad mini 4 fast vier Jahre lang unverändert verkauft. Das iPad mini 6 folgte zweieinhalb Jahre später, während Apple das einfache iPad jedes Jahr neu auflegte und somit die Käufer am technischen Fortschritt teilhaben ließ. Freunde des iPad mini müssen sich da doch zwangsläufig vor den Kopf gestoßen fühlen.

Das Apple TV 4K der zweiten Generation kam fast vier Jahre nach dem Vorgänger heraus, ebenso lange mussten Besitzer des Mac mini von 2014 auf einen Nachfolger warten. Der wird übrigens seit drei Jahren auch wieder zum gleichen Preis verkauft – obwohl es den wesentlich schnelleren Mac mini mit M1-Prozessor sogar günstiger gibt! Apple macht es damit nicht nur preisbewussten Käufern schwer, sondern setzt auch Vertrauen aufs Spiel. (jes)

Sebastian Trepesch geht davon aus, dass viele iPhone-Besitzer nicht den neuesten Chip benötigen.

Es soll ja Menschen geben, die nicht den leistungsfähigsten Smartphone-Chip der Welt benötigen. Die auf ihrem iPhone chatten, surfen, Podcasts hören und schöne Bilder knipsen möchten, aber mit 4K-ProRes-Aufnahmen nichts anfangen können. Warum sollte Apple diesen Menschen das iPhone 11 verwehren? Nur, weil es schon zweieinhalb Jahre auf dem Markt ist? Ähnliches gilt für iPad, Watch, Mac & Co. Ältere Produkte sollten günstiger werden, aber nicht aus dem Programm fliegen. Das würde Löcher in das Portfolio reißen.

Vielleicht aktualisiert Apple ja manches Produkt einfach deshalb länger nicht, weil die bisherige Hardware tadellos ihren Dienst leistet. Als ambitionierter Nutzer von Apple-Produkten vergisst man leicht, welche Geräte außerhalb der eigenen Blase im Einsatz sind. Mit einem genaueren Blick entdeckt man das iPhone 6s oder gar 5s im Umfeld. „Funktioniert besser als mein PC!“ Erst ein Sprung im Display stellt deren Besitzer vor die Frage, ob sich die Reparatur lohnt oder eine Neuanschaffung sinnvoller ist.

Apple sollte diese Interessengruppe, die nun mal keine 800 Euro für ein Handy ausgeben möchte, weiterhin bedienen. Anstelle von Billigvarianten verkauft das Unternehmen eben ältere Modelle. Warum auch nicht? Sie laufen besser als manch Einsteiger- oder gar Mittelklasse-Androiden. Davon profitieren alle Kunden. Zwar muss sich noch zeigen, wie wirkungsvoll das Gesetz zur Update-Pflicht ist, das seit diesem Jahr gilt. Doch Apple wird (gesetzlich verpflichtet oder freiwillig wie bisher) über viele Jahre neue iOS-Versionen bereitstellen. Klar, nicht jede neue Funktion wird auf jede Hardware kommen, aber ein sicherer Betrieb möglich sein. Das freut nicht nur Neukäufer von älteren, günstigeren Produkten, sondern auch Langzeitnutzer und Verkäufer ihres Gebrauchtgerätes. (tre)

Wer hat Recht? Diskutieren Sie mit!

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(jes)