Pro & Contra: Hat Apple den Bogen überspannt?

Beim neuen MacBook 12" gibt es außer der Kopfhörerbuchse nur eine Schnittstelle: USB Typ C. Darüber scheiden sich wieder mal die Geister.

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Artikel aus Mac & i Heft 2/2015, Seite 8

Benjamin Kraft ist die Entscheidung zu radikal. Er findet: Am Ende müssen es die Anwender ausbaden.

Apple hat es klar übertrieben mit dem Schlankheitswahn. Wenn Super-Models Opfer bringen, weil sie auf dem Laufsteg eine gute Figur ­machen wollen, ist das deren Entscheidung. Als Nutzer eines Mobilgeräts für mindestens 1450 Euro will ich aber nicht ein­geschränkt werden, sondern Flexibilität und die größtmögliche Kompatibilität genießen.

Natürlich ist Apple bekannt dafür, bei den Schnittstellen radikal zu sparen, um Designziele zu erreichen. Aber nur ein einziger USB-Port ist einfach zu wenig – zumal eben dieser auch zum Laden dient. Im Zweifelsfall muss die Entscheidung lauten: Ladestrom oder Peripherie. Was passiert denn, wenn ich ein externes Gerät anschließen muss, der Akku-Füllstand des Mac­Book aber gegen Null tendiert? Apples klare Antwort: Dann darf ich mir sehr gern einen Adapter für 89 Euro kaufen. Überhaupt: Alte Peripherie scheint Apple total egal zu sein. Da hätten sich Tim Cook und Co. doch mal kulant zeigen und wenigstens während einer Übergangsphase den einfachen USB-Adapter für alte Geräte beilegen können. Stattdessen muss ich Schnittstellen nachrüsten, die für mich selbstverständlich sind – und die Apple wegrationalisiert hat.

Das Unternehmen trägt wieder mal eine Entscheidung auf den Rücken seiner Kunden aus und verdient auch noch kräftig dabei. Die Adapter machen die von Apple beworbene Einfachheit zunichte, zumal man selbst nur genau ein USB-Gerät anschließen kann. USB-Stick und Kartenleser für meine CF-Karte gleichzeitig? Pustekuchen. Also muss auch noch ein Hub her, der wiederum am Adapter hängt. Eleganz sieht anders aus.

Ein Großteil meiner Kritik wäre hinfällig, brächte das MacBook einfach zwei dieser zugegebenermaßen sehr flexiblen Anschlüsse mit. Neben der Kopfhörerbuchse blieb ob des Schlankheitsgebots wohl kein Platz. Die abzuschaffen hat man sich in Cupertino aber anscheinend nicht getraut – obwohl es ja genug Bluetooth-Kopfhörer gibt. Die Alternative, ein wenig vom Anspruch abzurücken, ein superdünnes Notebook zu bauen, war vermutlich ebenso inakzeptabel. So lautet mein Fazit: Solange man das neue MacBook nur mit teuren Adaptern sinnvoll einsetzen kann, kommt es für mich nicht infrage. (bkr)

Stephan Ehrmann glaubt, die Entscheidung auf eine einzige Schnittstelle war genau richtig.

Apple hat das neue MacBook 12" auf mobile Nutzung optimiert – es ist kleiner, leichter und dünner als das MacBook Air 11". Aus meiner Sicht war es da nur konsequent, auch Schnittstellen wegzurationalisieren, die nicht unbedingt sein müssen. Wer sein MacBook zu Hause einsetzt, mit Peripherie wie externen Festplatten, hängt es doch eh ans Netzteil, an ein Dock, einen Monitor mit eingebautem Hub – oder an einen der Adapter. Ob zu Hause nun eine Kabelpeitsche mehr oder weniger herumliegt, spielt doch keine Geige. Aber wer es mitnimmt, will so wenig wie möglich schleppen. Sondern ein schlankes, elegantes Gerät aufklappen, das möglichst lange durchhält.

Hätten die Ingenieure einen zweiten USB-C-Port vorgesehen, wäre weniger Platz für Akkus geblieben. Bei einem Mobilgerät geht aber nichts über eine hohe Akkulaufzeit – die ist mir jedenfalls viel wichtiger als eine zweite Schnittstelle, die ich nur selten benutze. Meine Arbeitsdaten liegen in der Dropbox. USB-Sticks habe ich schon seit Monaten nicht gebraucht. Drucker drucken drahtlos, Kopfhörer und Stereo-Anlagen funktionieren prima über Bluetooth oder AirPlay. Ich brauche Schnittstellen immer seltener.

Wer an USB Typ C selbst etwas auszusetzen hat, dem sei gesagt: Apple schert sich darum nicht. Das Unternehmen gestaltet seine Produkte so, dass sie auch in mehreren Jahren noch gut funktionieren. Und nicht so, dass sie in erster Linie kompatibel zur Peripherie der letzten Jahre sind. USB, FireWire, USB 2, MagSafe, Thunderbolt … alles Kompromisse – und alles Vergangenheit. USB Typ C vereint sämtliche Vorteile in sich, ist schnell, flexibel und man kann wie bei Lightning den Stecker nicht mehr falsch herum halten: Welch ein Segen!

Freuen wir uns doch über einen massenkompatiblen Standard, der die Auswahl vergrößert und die Preise senkt. Über ­externe Akkupacks und Steckernetzteile von anderen ­Herstellern, die nun endlich kommen können, bislang aber verboten waren. Wer meint, all die Schnittstellenvielfalt zu brauchen, kann ja weiterhin ein MacBook Pro kaufen. Oder gleich einen stationären Mac. Der hat ganz viele Schnittstellen – und ist das Gegenteil von mobil. (se)

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