Warum ein Palm m130 in IMAX-Kinos bis heute buchstäblich eine Rolle spielt
Ohne den Palm m130 könnte der neue Oppenheimer-Film in IMAX-Kinos nicht gezeigt werden. Über einen PDA, der wirklich eine Rolle spielt.
Es ist Sommerloch, schon klar, da kommt ein Palm, der ein IMAX-Kino steuert, genau zur richtigen Zeit. Aber – Achtung, Wortspiel – dieser Handheld spielt wirklich mal eine Rolle. Und der m130, der in jenen Lichtspielhäusern installiert ist, die noch die guten alten großen 70-mm-Filmrollen auflegen, hat schon einige Sommerlöcher überstanden. Dass er immer noch eingesetzt wird, passt zum Bild eines guten Weines – er reift mit den Jahren und wird immer wertvoller. In diesem Fall: die Geschichte wird von Jahr zu Jahr eher noch kurioser. Aber jetzt ist sie reif, erzählt zu werden.
Entdeckt wurde der Handheld aus der Frühzeit des mobilen Computings in einem TikTok-Video des offiziellen IMAX-Accounts. Die Urheber des Videos wollten damit eigentlich etwas anderes zeigen, nämlich, dass der neue Oppenheimer-Streifen – den wir hier bei heise online auch rezensiert haben – eine Herausforderung für das besondere Kino-System war. IMAX ist bekanntlich ein Filmformat mit besonders breiter Auflösung, die es ermöglicht, dass das Gesichtsfeld der Kinogänger nahezu vollständig ausgefüllt werden kann. Aber statt der orangefarbenen Verlängerungen der wuchtigen, knapp 300 Kilogramm schweren Filmrollen, stach etwas anderes in dem Video ins Auge: Ein an die Wand fixiertes Tablet mit der Emulation eines Palm Pilots.
Emulation auf einem Windows-PC
Ja, tatsächlich ist die Technik so alt, dass IMAX inzwischen wohl die Originalgeräte ausgegangen sind. Der m130 erschien im März 2002. Sein 160 mal 160 Pixel großer LCD-Bildschirm mit 12-bit Farbe war zu der Zeit beeindruckend. Im Inneren verrichtet ein mit 33 Megahertz getakteter Motorola VZ Dragonball Prozessor sein Werk. Als Betriebssystem kam Palm OS 4.1 zum Einsatz.
Was aus heutiger Sicht lächerlich wenig klingt, genügte den Erbauern der IMAX-Kinos, um damit die Quick Turn Reel Unit – kurz: QTRU – zu steuern. In gewisser Weise und vereinfacht gesagt ist das die Einheit, die die Platten auflegt und dafür sorgt, dass Bild und Ton synchron laufen. Mit dem Übergang zu digitalen IMAX-Lichtspielhäusern endete der Bedarf für die Technik und ihren kleinen Steuercomputer. Die verbliebenen umzurüsten, lohnt sich augenscheinlich nicht. Und das System läuft, so zitieren verschiedene Medien jene, die damit zu tun haben, einfach zu gut, um das Risiko einzugehen, es zu ändern. Never change a running system. Und wenn es nicht mehr läuft, wird es einfach emuliert – diejenigen, die genau hinsahen, erkannten einen Winmate W10IB3S-PCH2AC-POE Panel PC mit 10,1-Zoll-Display als Gerät, ein Windows-PC.
Bis das Licht ausgeht
Inzwischen tauchten auch Bilder von Kinos auf, die noch einen Original-PDA von Palm einsetzen, versehen mit der Aufschrift in großen Buchstaben, dass das Gerät immer eingeschaltet bleiben muss. Das erinnert ein wenig an das Centennial Light, jene Glühbirne aus den 1890-er-Jahren, die seit 1901 nahezu ununterbrochen in einem kalifornischen Feuerwehrhaus leuchtet. Bleibt zu hoffen, dass in den IMAX-Kinos mit dem Palm-Gerät auch nicht die Lichter ausgehen. Künftigen Generationen von Tech-Journalisten in Sommerlöchern würde das vermutlich gefallen.
(mki)