Dell schließt Distributionsvereinbarungen mit Ingram Micro und Tech Data

Der texanische Hersteller nimmt nun gänzlich Abstand vom reinen Direktvertriebsmodell. Neben Fachhändlern sollen künftig auch Distributoren in die Lieferkette von Dell integriert werden.

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Der texanische Hersteller hat sich vor gut zwei Jahren erstmals entschlossen, mit Vertriebspartnern zu kooperieren – nun nimmt Dell gänzlich Abstand vom reinen Direktvertriebsmodell. Denn künftig sollen auch Großhändler in die Lieferkette des Herstellers integriert werden, wie das US-Branchenblatt CRN berichtet. Dell habe nun Distributionsverträge mit Ingram Micro und Tech Data (TD) geschlossen, die künftig Fachhändler mit ausgewählten Vostro-PCs und -Notebooks beliefern sollen.

Mit dem offiziellen Start des Channel-Programms in Europa Anfang 2008 hatte Dell die Vertriebspartnerstufen Registered und Certified eingeführt, auf die Einbindung von Broadline Distributoren aber ausdrücklich verzichtet. "Alle Leistungen der Großhändler wie Lagerhaltung, Logistik und Finanzierung können wir nicht zuletzt dank unserer effizienten Supply Chain ebenso gut abdecken", betonte der damals für den Channel verantwortliche President und General Manager EMEA, Josh Claman, der inzwischen von Emanuel Mouquet abgelöst wurde.

Als ausschlaggebenden Grund für den Strategiewandel führt Greg Davis, Vice President und General Manager Global Commercial Channels, an, dass Partner immer wieder nach sehr kurzfristig verfügbaren Produkten verlangt hätten. Dabei ging es in der Regel um vorkonfigurierte PCs, die binnen 24 bis 48 Stunden geliefert werden sollten. Hier sollen nun die Distributoren mit ihren Lagerkapazitäten eine Lücke in der Supply Chain füllen. Darüber hinaus erhofft sich Davis von Ingram und TD, dass sie nicht nur die bereits mit Dell kooperierenden Fachhändler und VARs beliefern, sondern auch neue Reseller für die Produkte des Herstellers gewinnen.

Die aktuelle Vereinbarung mit den beiden Broadlinern beschränkt sich derzeit noch auf den US-Markt, soll in Kürze aber auch auf Kanada ausgedehnt werden. Weitere Länder und auch Produktgruppen könnten zu einem späteren Zeitpunkt folgen – auf andere Distributoren will Davis die Zusammenarbeit aber vorläufig nicht ausweiten.

Den schärfsten Konkurrenten des Herstellers, wie etwa Hewlett-Packard, Lenovo und Acer, ist die Nachricht sicherlich nicht willkommen, denn Dell erhält durch Ingram Micro und Tech Data Zugang zu einer großen Zahl von Fachhändlern, die bisher primär Produkte der anderen Hersteller über die Distribution bezogen haben. Damit verschärft sich der Wettbewerb weiter, während die beiden Broadliner eine Chance nutzen wollen, ihre Umsätze durch einen weiteren Hersteller im Portfolio zu steigern.

Obwohl Dell sein Channel-Programm erst kürzlich als vollen Erfolg gefeiert hat, ist es dem Hersteller bisher zumindest hierzulande nicht gelungen, seine Marktposition nachhaltig zu verbessern. Im vierten Quartal 2008 lag Dell in Deutschland in der Rangfolge der größten PC-Hersteller nur auf Position fünf – hinter HP, Acer, Fujitsu-Siemens und Medion. Trotz gestiegener Verkaufszahlen stagnierte der Marktanteil im Vergleich zum Vorjahr. Zum Jahreswechsel hatte Dell außerdem die Aktivitäten im Geschäftskundensegment weltweit zentralisiert und dabei zum Teil Verantwortung aus den Landesgesellschaften abgezogen.

Mit dem Einstieg in die Distribution könnten nun allerdings die Weichen für eine Trendwende gestellt worden sein. Denn auch Fachhändler, die bisher eine direkte Geschäftsbeziehung mit dem langjährigen "Feindbild des Channel" abgelehnt haben, könnten nun Dell-Produkte in ihr Portfolio aufnehmen – insbesondere dann, wenn die Geräte des Herstellers konkret von ihren Kunden nachgefragt werden. Die bisherige Bezeichnung des Channel-Programms PartnerDirect dürfte mit dem Strategiewandel obsolet werden – Dells "Direkt"-Modell scheint endgültig Geschichte zu sein. (map)