Druckerhersteller unter Druck

Der europäische Markt für Drucker, Kopierer und Multifunktionsgeräte ist Gartner zufolge in der ersten Jahreshälfte massiv eingebrochen. Neben den rückläufigen Verkaufszahlen sind die Hersteller zudem durch Billiganbieter von Verbrauchsmaterial bedroht.

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Der europäische Markt für Drucker, Kopierer und Multifunktionsgeräte ist Gartner zufolge in der ersten Jahreshälfte massiv eingebrochen. Die Verkaufszahlen gingen gegenüber der Vorjahresperiode um fast 25 Prozent auf knapp 18 Millionen Geräte zurück. Damit bleibt der Gesamtmarkt deutlich unter dem Niveau der Jahre 2005, 2006 und 2007 zurück. Im vergangenen Jahr deutete sich der Abschwung bereits an, die Branche kam jedoch noch mit einem Minus von gut acht Prozent vergleichsweise glimpflich davon.

Hersteller wie Samsung oder Brother steigerten 2008 ihre Verkaufszahlen sogar noch – in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres mussten indessen alle Einbußen hinnehmen. Die Top-5 der Branche verloren zwischen sechs und 32 Prozent. Am härtesten traf es laut Gartner die drei Spitzenreiter Hewlett-Packard, Canon und Epson. HPs Verkaufszahlen brachen um 31,5 Prozent ein – der Hersteller verlor gut vier Prozent Marktanteil, bleibt aber weiter unangefochten auf Rang eins. Nach eigenen Angaben litt HP insbesondere unter der Investitionszurückhaltung der Unternehmen, die Verkaufszahlen im gewerblichen Umfeld gaben über 40 Prozent nach, während der Hersteller im Privatkundensegment nur einen Rückgang um 16 Prozent verzeichnete.

Canons Büromaschinensparte, zu der die Drucker, Kopierer und Multifunktionsgeräte gehören, büßte in der ersten Jahreshälfte 2009 über 30 Prozent Umsatz ein. Der japanische Hersteller macht dafür in erster Linie die weltweite Wirtschaftskrise, aber auch Währungseffekte durch den schwachen Wechselkurs des Yen verantwortlich. Die Verkaufszahlen der Geräte in Europa, dem Nahen Osten und Afrika gingen Gartner zufolge um fast 26 Prozent zurück – Canon konnte dennoch den Marktanteil annähernd stabil halten. Der japanische Konkurrent Epson büßte im Vergleich nur rund 16 Prozent ein und konnte sogar knapp anderthalb Prozentpunkte Marktanteil hinzugewinnen. Ähnliche Fortschritte erzielten auch Brother und Samsung, obwohl deren Verkaufszahlen in der Region ebenfalls rückläufig waren – jedoch nur im einstelligen Prozentbereich.

Während der auf professionelle Drucksysteme spezialisierte Anbieter Tally schon zum Jahresauftakt ums Überleben kämpfte, reduzierte Canon kürzlich die Umsatzprognose für das laufende Jahr. Auch der reinrassige Druckerhersteller Lexmark leidet unter schwindenden Erlösen und versucht, mit massiven Rabatten den Absatz seiner Geräte anzukurbeln. Die einzelnen Aktionen wecken zumindest erfolgreich das Interesse potenzieller Verkäufer für die Lexmark-Drucker, wie eine Analyse des heise-resale-Preisradars im Zusammenhang mit einer Rabatt-Promotion rund um die Laserdrucker der E-Serie gezeigt hat.

Marktforscher malen unterdessen düstere Aussichten für die Branche: In der zweiten Jahreshälfte wird sich der Rückgang der Absatzzahlen fortsetzen. Gartner-Analyst Tosh Prabhakar rechnet sogar mit einer weiteren Verschärfung auf bis zu minus 30 Prozent. Der Verkauf der Geräte ist für die meisten Anbieter jedoch nur ein kleinerer Teil des Druckergeschäftes – Geld wird im Wesentlichen mit den Verbrauchsmaterialien verdient. Dies gilt für Tinten- ebenso wie für Laserdrucker (vergleiche beispielsweise Teuer Tanker in c't 7/2009, S. 114).

Das Geschäft mit den sogenannten Supplies hüten die Hersteller denn auch wie den Heiligen Gral. Mit immer neuen technischen Tricks und Patenten bemühen sich HP, Canon, Epson & Co., beispielsweise ihre Tintenpatronen vor dem Nachbau durch Drittanbieter zu schützen. Erklärtes Ziel sei es, auf diesem Wege die hohen Entwicklungskosten für die jeweiligen Druckerplattformen wieder einzuspielen, betonte HPs Zubehörchef Michael Hoffmann schon 2007 stellvertretend für die ganze Branche. Als bisher einziger Markenhersteller von Tintendruckern geht Kodak einen anderen Weg und setzt auf günstigere Patronen bei höheren Gerätepreisen. Allerdings spielt Kodak mit einem Marktanteil um etwa ein Prozent bisher keine wesentliche Rolle in der Branche.

Während die Originalhersteller unter ständiger Beobachtung durch die EU-Kartellbehörden stehen – die Kommission prüft, ob die Druckerhersteller ihre marktbeherrschende Rolle beim Verbrauchsmaterial zum Nachteil der Verbraucher missbrauchen – könnte nach Einschätzung von Gartner die aktuelle Wirtschaftskrise der Branche das lukrative Geschäft verderben. Ken Weilerstein, Research Vice President beim Analystenhaus, glaubt, dass in den kommenden 12 Monaten immer mehr Einkäufer in den Unternehmen aus Kostengründen auf Nachahmerprodukte für Verbrauchsmaterial umsteigen könnten. Der Branche drohten dadurch Umsatzeinbußen bis zu 13 Milliarden US-Dollar, rechnet Gartner vor.

Top-5-Drucker-Hersteller EMEA, 1H-2009 (Stückzahlen in Millionen)
Firma Stück
1H-2009
Marktanteile
1H-2009
Stück
1H-2008
Marktanteile
1H-2008
Veränderung
1H-2009 zu 1H-2008
Hewlett-Packard 7,28 40,5 % 10,62 44,6 % –31,5 %
Canon 2,90 16,1 % 3,91 16,4 % –25,8 %
Epson 2,58 14,4 % 3,08 13,0 % –16,3 %
Brother 1,37 7,6 % 1,50 6,3 % –8,4 %
Samsung 1,33 7,4 % 1,42 6,0 % –6,2 %
Andere 2,52 14,0 % 3,27 13,7 % –22,9 %
Gesamtmarkt 17,98 100,0 % 23,80 100,0 % –24,4 %
Quelle: Gartner 2009

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