2022: Deutlich mehr Strom durch Solarkraft und Windenergie

Deutschland bleibt Stromexportland. Windenergie und Solarkraft steigerten ihren Anteil am Strommix, indes wurde wegen der Gaskrise auch mehr Kohle verstromt.

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(Bild: PopTika/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Sonne und Wind haben Deutschland im Jahr 2022 deutlich stärker mit Strom versorgt, als noch im Jahr zuvor. Das berichtet das Fraunhofer ISE zur öffentlichen Nettostromerzeugung für 2022.

Aufgrund es Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine wurde erwartungsgemäß mehr Kohle verstromt als noch im Vorjahr. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix verkleinerte sich indessen nicht, sondern konnte sich von 45,6 auf 49,5 Prozent steigern. Der Energieexport brach ebenfalls nicht ein, sondern steigerte sich nochmals.

Photovoltaikanlagen haben demnach im Jahr 2022 circa 57,6 Terawattstunden (TWh) Strom erzeugt. Davon wurde der Großteil (52,6 TWh) in das öffentliche Netz eingespeist und 5 TWh selbst verbraucht. Die Produktion erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um ca. 9,2 TWh, das ist eine Steigerung von 19 Prozent. Die installierte PV-Leistung lag Ende November bei circa 65,5 Gigawatt (GW). Bis November vergangenen Jahres lag der Zubau bei etwa 6,1 GW.

Der Spitzentag für die Solarenergie-Erzeugung wurde am 17.07.2022 in Deutschland erreicht. Zu diesem Zeitpunkt lag der Anteil der Solarenergie an der gesamten Stromerzeugung bei 84 Prozent.

Auch Windkraftwerke produzierten im Jahr 2022 mehr Strom als noch im Vorjahr. Die Steigerung gegenüber 2021 lag bei circa 10,4 Prozent, die Gesamtproduktion umfasste etwa 123,3 TWh. Die Windenergie war damit wieder die stärkste Energiequelle des Jahres, gefolgt von Braunkohle, Solar, Steinkohle, Erdgas, Biomasse, Kernenergie und Wasserkraft.

Ende Oktober 2021 lag die installierte Leistung von Wind onshore bei 57,9 Gigawatt und von Wind offshore bei 7,98 GW. Die maximal erzeugte Leistung wurde bereits früh im Jahr erreicht, am 20.02.2022, und betrug circa 47,7 GW um 20:15 Uhr.

Die Wasserkraft steuerte 2022 circa 3 Terawattstunden weniger zur Nettostromerzeugung gegenüber dem Vorjahr bei – sie erbrachte statt 19TWh in 2021 nur 16 TWh. Die installierte Leistung wurde kaum verändert. Auch bei der Biomasse veränderte sich 2022 wenig. Sie erbrachte circa 42,2 TWh nach einer nur leichten Steigerung, auch hier mit fast unverändert installierter Leistung.

Insgesamt produzierten die erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im Jahr 2022 circa 244 TWh. Sie lagen damit 8 Prozent über dem Niveau des Vorjahres mit 226 TWh.

"Die Grafik zeigt die Nettostromerzeugung aus Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung. Das ist der Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt. Die Erzeugung aus Kraftwerken von "Betrieben im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden", d.h. die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch, ist bei dieser Darstellung nicht berücksichtigt."

(Bild: Fraunhofer ISE)

Die Leistung der Kernkraft in Deutschland halbierte sich im Jahr 2021 durch die geplanten Abschaltungen der Atomkraftwerke Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C zum 31.12.2021. Die noch übrigen Kernkraftwerke produzierten noch 32,8TWh.

Die Braunkohle konnte durch die kriegsbedingte Energiekrise ein kleines Comeback feiern und hat gegenüber dem Jahr 2021 etwa 8 Terawattstunden mehr beigesteuert. Insgesamt lag die Jahresproduktion bei 107 TWh netto. Ähnliches gilt für die Steinkohle. Hier wurden rund 9 TWh mehr gegenüber dem Vorjahr produziert, insgesamt 56 TWh im Jahr 2022.

Erwartbar senkte sich die Stromerzeugung durch Gaskraftwerke. Sie produzierten 47 TWh netto für die öffentliche Stromversorgung. Damit lag die Produktion 5 TWh unter dem Niveau des Vorjahres. Der Bericht weist allerdings darauf hin, dass die gesamte Nettostromerzeugung neben der öffentlichen Nettostromerzeugung "auch die Eigenerzeugung von Industrie- und Gewerbebetrieben" beinhaltet. Diese erfolgt laut Bericht "hauptsächlich mit Gas". So erklärt der Bericht auch: "Neben den Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung gibt es auch Gaskraftwerke im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe zur Eigenstromversorgung. Diese produzierten zusätzlich circa 41 TWh für den industriellen Eigenbedarf, der in dieser Veröffentlichung nicht berücksichtigt wird."

Die Grafik zeigt die Nettostromerzeugung aus Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung. Das ist der "Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt. Die Erzeugung aus Kraftwerken von "Betrieben im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden", d.h. die industrielle Erzeugung für den Eigenverbrauch, ist bei dieser Darstellung nicht berücksichtigt."

(Bild: Fraunhofer ISE)

Man achte auf den Kohle- und Gasbalken: "Die Grafik zeigt die gesamte Nettostromerzeugung. Das ist die Summe aus der öffentlichen Nettostromerzeugung und der Erzeugung von "Betrieben im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden" für den Eigenbedarf."

(Bild: Fraunhofer ISE)

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Nettostromerzeugung einschließlich der Kraftwerke der "Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden" liege dementsprechend bei ca. 44,5 Prozent gegenüber 41 Prozent in 2021.

Der Exportüberschuss beim Stromhandel lag bei circa 26 Terrawattstunden. Das sind 9 TWh mehr als 2021. Österreich und Frankreich waren die größten Abnehmer (16 TWh und 15,3 TWh), gefolgt von der Schweiz und Luxemburg (6,6 TWh und 3,9 TWh). Deutschland importierte seinerseits Strom aus Dänemark (10,3 TWh), aus Norwegen (3,7 TWh) und aus Schweden (3,1 TWh).

"Deutschland: 49,5 TWh Importe; 75,8 TWh Exporte; Saldo: 26,3 TWh Exporte"

(Bild: Fraunhofer ISE)

Der Bericht von Prof. Dr. Bruno Burger für das Fraunhofer ISE stellt zudem fest, dass offenbar "aufgrund der hohen Strompreise und der höheren Temperaturen wohl deutlich Strom eingespart wurde". Die Last im Stromnetz verringerte sich nämlich um circa 20TWh auf 484.

Der Börsenstrompreis war ungefähr um das 2,5-fache gegenüber dem Jahr 2021 erhöht. Er lag durchschnittlich bei 230,58 Euro/MWh bzw. 23,058 Cent/kWh (volumengewichteter Day-Ahead Börsenstrompreis). 2021 wurden hier noch 93,35 Euro/MWh aufgerufen, 2019 waren es 36,65 Euro/MWh.

Der deutsche Nettostromerzeugung von 2002 bis 2022

(Bild: Fraunhofer ISE)

Burger erklärt zur Nettostromerzeugung, die Grundlage seines Berichts ist: "Bei der Verwendung von Nettogrößen wird der Eigenverbrauch eines Kraftwerks direkt aus der Bruttostromerzeugung des Kraftwerks versorgt. Die Differenz zwischen Bruttostromerzeugung und Eigenverbrauch ist die Nettostromerzeugung, die in das Netz eingespeist wird. Nach dieser Konvention wird z.B. eine Kohlemühle im Braunkohlekraftwerk direkt aus der Stromerzeugung des Kraftwerks versorgt und damit ausschließlich mit Braunkohlestrom betrieben." Mit Nettogrößen rechne die komplette Stromwirtschaft, beispielsweise für "den Stromhandel, die Netzberechnung, Netzauslastung, Kraftwerkseinsatzplanung usw.". Die öffentliche Nettostromerzeugung repräsentiere den Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose komme und der im Haushalt verbraucht wird. Mit diesem werden etwa auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen. Bruttozahlen würden "nur zu statistischen Zwecken erhoben, finden aber in der täglichen Stromwirtschaft keine Anwendung".

(kbe)