30 Jahre "Computer Communication Compatibility"

Nach der Vorstellung der ersten Ethernet-Netzwerkkarte für den IBM-PC im September 1982 wuchs 3Com zu einer Weltfirma, die zu ihren besten Zeiten 12.000 Entwickler beschäftigte - und nach einer tiefen Krise heute wieder gesund dasteht.

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Von
  • Detlef Borchers

Vor 30 Jahren gründete Bob Metcalfe, einer der Entwickler des Ethernet-Standards, die Firma "Computer Communication Compatibility". Sie wuchs unter dem Kürzel 3Com nach der Vorstellung der ersten Ethernet-Netzwerkkarte für den IBM-PC im September 1982 zu einer Weltfirma, die zu ihren besten Zeiten 12.000 Entwickler beschäftigte. Der Geburtstag (PDF-Datei) wird derzeit in den USA und China gefeiert.

Drei Jahre hatte Bob Metcalfe die Gründung von 3Com vorbereitet. Der Ingenieur, der mit einer Dissertation über die Unterschiede zwischen dem ARPAnet und dem ALOHAnet die Universität Harvard abschloss, war unzufrieden, dass sein Arbeitgeber Xerox die Erfindung der Ethernet-Technik nicht kommerzialisierte. In den PARC-Labors von Xerox hatte Metcalfe am 22. Mai 1973 die entscheidende Erfindung gemacht, die Ethernet auszeichnete. Sie trug den sperrigen Namen Carrier sense multiple access with collision detection (CSMA/CD) und beschreibt, wie eine sendende Station ins Netz horchen soll, wenn sie ein Datenpaket absetzen will und Kollisionen mit anderen Stationen vermieden werden sollen – und wie sie das Aussenden der Pakete zu wiederholen hat, wenn es doch zu Kollisionen kommt.

Metcalfe hatte damals am PARC die Aufgabe von Charles Simonyi übernommen, ein 2-MBit/s-Netzwerk mit maximal 256 Knoten zu entwickeln. Während Simonyi das programmierte, was heute als "Microsoft Word" bekannt ist, entwickelten Bob Metcalfe, David Boggs, Butler Lampson und Chuck Thacker das Netzwerksystem, das sie Ethernet nannten, in Anspielung auf den Äther, der früher in der Physik eine Rolle spielte.

Als Ethernet am PARC erfolgreich installiert war und sogar Verbindungen mit dem ARPAnet funktionierten, sah Metcalfe die Chance, spezielle Chips für die Ethernet-Verbindungen zu entwickeln: Im November 1978 hatte es der Xerox-Ingenieur in zähen Verhandlungen durchgesetzt, dass Xerox, DEC und Intel Ethernet als IEEE-Standard für ein 10 MBit/s-Netzwerk etablierten. Auf diesem neuen Standard gründete sich Metcalfes Geschäftsidee mit dem Startup 3Com. Dabei hatte Metcalfe Glück. Als 3Com 1979 mit der Entwicklung von Ethernet-Prozessoren begann, erfuhren Metcalfes Ingeneure von IBM-Plänen, einen Personal-Computer zu bauen. Als der PC im August 1981 vorgestellt wurde, war man bei 3Com mit Hochdruck dabei, die Netzwerkkarte für diesen Rechner zu entwickeln. "Wir schafften es, für diesen brandneuen Rechner eine Steckkarte namens Etherlink zu entwickeln. Für 1000 Dollar konnten die Leute ihren PC ans Ethernet anschließen, für das wir ihnen natürlich noch ein Netzwerksystem verkauften. Das Geschäft entwickelte sich prächtig, wir konnten 1984 an die Börse gehen. Als ich 3Com 1990 verließ, hatte der Laden 2000 Leute und machte eine halbe Milliarde Umsatz im Jahr", erzählte Metcalfe in einem Heise-Interview im Jahre 1993.

Neben den Etherlink-Netzwerkkarten und dem Netwerksystem 3+ entwickelte 3Com noch mit der 3Station im Jahre 1986 die erste "Diskless-Workstation" auf Basis der PC-Architektur. War die Fixierung auf den PC anfangs ungemein erfolgreich, so barg sie auch große Risiken. So ging Bill Krause, der erste Geschäftsführer von 3Com, im Jahre 1987 eine enge Kooperation mit IBM und Microsoft ein und verpflichtete sich, für das in der Entwicklung befindliche Betriebssystem OS/2 die Netzwerkfunktionen zu entwickeln. Als sich Microsoft und IBM über OS/2 zerstritten und die Entwicklung zeitweise gestoppt war, musste 3Com sein Netzwerk "3+ Open LAN Manager" dennoch vertragsgerecht auf den Markt bringen. Nach der Erinnerung von Eric Benhamou, dem zweiten Geschäftsführer von 3Com, stand die Firma nah am Rande des Bankrotts. Es dauerte bis 1992, dass 3Com nach dem Desaster wieder Gewinne schreiben konnte.

1997 entschloss sich 3Com, im steten Kampf mit dem hartnäckigen Konkurrenten Cisco Systems voll auf den Online-Hype zu setzen, und kaufte für 6,5 Milliarden Dollar die Firma US Robotics, um das "AOL der Zugriffstechnik" zu werden, wie Benhamou es damals formulierte. Die erhofften Synergien entwickelten sich eher schleppend, nur der Börsengang der Palm-Sparte war erfolgreich. Auf den Internet-Boom versuchte 3Com, mit einer Internet Appliance namens Audrey (nach Audrey Hepburn) zu reagieren. Das für 500 Millionen Dollar entwickelte Gerät erwies sich jedoch als grandioser Flop, als gleichzeitig mit dem Marktstart die "Dotcom-Blase" platzte.

Erfolgreicher verlief eine Allianz mit der chinesischen Firma Huawei, durch die 3Com gegenüber Cisco beim Vertrieb von Netzwerk-Equipment in China punkten konnte. Das Gemeinschaftsunternehmen H3C wurde in China zum Marktführer bei Lösungen für die Videoüberwachung, ehe es komplett von 3Com übernommen wurde, das mit dieser Übernahme die Unternehmensführung nach China verlagerte. Heute steht 3Com wieder gesund da und konnte zuletzt einen Nettogewinn von 94,6 Millionen Dollar vorweisen. (Detlef Borchers) / (jk)