5G-Frequenzen: Bundesnetzagentur schärft Vergabebedingungen nach

Die Regulierungsbehörde hat nach viel Kritik die Auflagen für den 5G-Ausbau in der Fläche und entlang der Verkehrswege verschärft.

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5G-Frequenzen: Bundesnetzagentur schärft Vergabebedingungen nach

Nach der Frequenzauktion sollen die Netzbetreiber mehr weiĂźe Flecken schlieĂźen.

(Bild: heise online)

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Inhaltsverzeichnis

Die Bundesnetzagentur will die Nutzer von 5G-Frequenzen zu weitreichendem Netzausbau auch entlang Autobahnen und Bundesstraßen verpflichten. Die etablierten Netzbetreiber sollen überdies mit möglichen Neueinsteigern über Roaming zumindest verhandeln. Die Regulierungsbehörde sieht sich dabei im Konfliktfall in der Schiedsrichterrolle. Das geht aus dem Entscheidungsentwurf für die Vergabebedingungen und Auktionsregeln hervor, den die Bundesnetzagentur am Freitag vorgelegt hat. Als nächstes entscheidet der politische Beirat der Behörde, ob die Vorgaben so umgesetzt werden.

Damit verschärft die Bundesnetzagentur die Auflagen gegenüber dem ersten Entwurf vom September, an dem es scharfe Kritik gegeben hatte. Unter anderem das Bundesverkehrsministerium und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hatten Nachbesserungen bei den Ausbauverpflichtungen gefordert. Die Grünen hatten sogar gefordert, das Vergabeverfahren auszusetzen und die Auktion zu verschieben.

„Wir haben unseren ursprünglichen Entwurf im Lichte der zahlreichen Stellungnahmen überarbeitet”, erklärte Jochen Homann. Schon bei der Vorlage des ersten Entwurfs war der Präsident der Bundesnetzagentur der Ansicht, die Versorgungsauflagen gingen "an die Grenze des wirtschaftlich Zumutbaren und rechtlich Möglichen".

Jetzt ist die Behörde doch ein paar Schritte weiter gegangen und kommt ihren Kritikern entgegen. Laut dem am Freitag veröffentlichten Papier sollen Anbieter, die Lizenzen für die 5G-Frequenzen ersteigern, bis Ende 2022 jeweils 98 Prozent der Haushalte in den Ländern mit 100 Mbit/s versorgen. Im ersten Entwurf war von 98 Prozent der Haushalte auf Bundesebene die Rede, womit weiter substanzielle weiße Flecken bestehen bleiben dürften.

“Jeder Netzbetreiber muss 1000 Basisstationen für 5G-Anwendungen im Bereich 3,6 GHz grundsätzlich bis Ende 2022 aufrüsten”, heißt es in dem Papier weiter. Damit hat die Bundesnetzagentur die Vorgabe des ersten Entwurfs verdoppelt. Angesichts der Größe der Netze sind 1000 Stationen immer noch nicht viel: Die drei Netzbetreiber haben jeweils mehr als 25.000 Basisstationen in ihren Netzen. Sollte die notwendige Ausrüstung nicht rechtzeitig verfügbar sein, gibt es Aufschub bis 2024.

Nachgelegt hat die Bundesnetzagentur auch bei der Versorgung entlang der Verkehrsadern. Entlang der Autobahnen und wichtigsten Bundesstraßen sowie der Schienenstrecken mit mehr als 2000 Fahrgästen täglich soll es bis Ende 2020 mindesten 100 Mbit/s geben, bis Ende 2024 auch entlang der weiteren Bundesstraßen. Landstraßen, Wasserwege und das restliche Schienennetz sollen bis 2024 mit mindestens 50 Mbit/s ausgebaut werden. Neu ist auch eine Latenzvorgabe von 10 Millisekunden für die Netze an Autobahnen und Bundesstraßen.

Jeder Netzbetreiber, der 5G-Lizenzen erwirbt, soll zudem bis Ende 2020 mit 500 zusätzlichen Basisstationen mit 100 Mbit/s weiße Flecken auf der Netzkarte schließen. Bei der Auswahl der Standorte sollen sich die Anbieter mit den Bundesländern abstimmen. Hier erwartet die Bundesnetzagentur auch mehr Kooperation von den Netzbetreibern. “Durch vermehrte Kooperationen, wie zum Beispiel Infrastruktur-Sharing und Roaming, können die Kosten zur Versorgung in der Fläche deutlich gesenkt werden”, teilte die Behörde mit.

Das Stichwort “Roaming” ist ein rotes Tuch für die Branche. Zwar geht die Bundesnetzagentur wie schon im ersten Entwurf nicht so weit, die Netzbetreiber direkt zur Öffnung ihrer Netze zu verpflichten. Dennoch möchte die Regulierungsbehörde Neueinsteigern eine Chance auf Markteintritt geben. Netzbetreiber sollen aber zumindest verhandeln, wenn sich neue Wettbewerber oder Diensteanbieter für Roaming oder Netzkapazität interessieren. Die Bundesnetzagentur will im Streitfall “aktiv” als Schiedsrichter auftreten.

Für einen möglichen neuen Netzbetreiber, der Frequenzen ersteigert, gelten andere Ausbauverpflichtungen. Sie müssen bis Ende 2023 mindestens ein Viertel der deutschen Haushalte versorgen, bis 2025 dann die Hälfte. Wenn sie nur Frequenzen im Bereich von 3,6 GHz erwerben, gilt eine Versorgungsauflage von 25 Prozent bis 2025. Wer 3,6 GHz-Frequenzen hat, muss bis Ende 2022 mindestens 1000 Basisstationen mit 5G-Technik in Betrieb nehmen.

Die restliche Abdeckung könnte ein Neueinsteiger mit einem Roaming-Abkommen mit einem der etablierten Netzbetreiber erreichen. Die haben sich gegen Roaming bisher immer strikt gesperrt – mit dem Argument, da könnte ja jeder kommen und einfach ihre Infrastruktur nutzen. Aber nun sollen sie verpflichtet werden, zumindest über Roaming zu verhandeln, mit der Bundesnetzagentur als Schiedsrichter. Sollte so ein Fall eintreten, dürfte das also spannend werden.

Die Bundesnetzagentur will die Frequenzen in den Bereichen um 2 und 3,6 GHz im Frühjahr 2019 versteigern. Mit den Frequenzen sollen die Netzbetreiber ihre 5G-Netze aufbauen können. Dabei sind nur die zur Versteigerung anstehenden Frequenzen im 3,6-GHz-Band sofort nutzbar. Auf den Frequenzen um 2 GHz laufen zum Teil noch UMTS-Lizenzen, die bis 2020 gültig sind, zum Teil auch bis 2025. Die zur Versteigerung stehenden Nutzungsrechte für diese Frequenzen gelten dann erst ab 2021 beziehungsweise 2026.

Parallel zur Auktion bereitet die Bundesnetzagentur die Vergabe von Spektrum in den Bereichen 3700 MHz – 3800 MHz und 26 GHz zur lokalen und regionalen Nutzung vor. Damit sollen auch regionale Netzbetreiber oder kleinere Unternehmen sowie Gemeinden 5G-Anwendungen realisieren können. Die Frequenzen werden nicht versteigert, sondern auf Antrag vergeben.

Auch um diese Frequenzen gibt es Streit mit den Netzbetreibern, die einen Teil des Spektrums gerne selbst nutzen würden und neue Wettbewerber fürchten. Darüber hinaus entgehen ihnen möglicherweise attraktive Geschäftsmodelle, wenn die Industrie die Frequenzen selbst nutzt, um Standorte mit 5G-Technik zu vernetzen, anstatt das bei den Netzbetreibern einzukaufen. (vbr)