5G in Europa: "Wir hängen hinterher"

Seite 2: Erste Anwendung: Fixed Wireless Access

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Nokia zeigt auf dem MWC ein 5G-Gateway fürs Heim.

(Bild: heise online/vbr)

Mit 5G kommt auch der funkgebundene Hausanschluss wieder in Mode. Nach dem Hype um Wimax war es stiller geworden um Mobilfunk für die eigenen vier Wände. Nokia stellt auf dem MWC einen 5G-Heimempfänger vor, auch Huawei und Ericsson haben solche Lösungen für Fixed Wireless Access (FWA) im Angebot. Die australischen Netzbetreiber Telstra und Optus rollen FWA schon an ihre Kunden aus. Auch deutsche Netzbetreiber experimentieren mit FWA, bei Telefónica zum Beispiel läuft ein Projekt mit Kunden in Hamburg.

Branchenvertreter gehen davon aus, dass FWA in vielen 5G-Netzen als Vorstufe zu den 5G-Handys kommt. Das hat auch technische Gründe: 5G-Chipsätze für Handys sind noch nicht fertig und müssen dann noch mit der neuen 5G-Netzinfrastruktur getestet werden. Bei Handys kommt erschwerend hinzu, dass sie sich zwischen den Funkzellen bewegen. Die Empfangsgeräte für FWA (Customer Premises Equipment) stehen beim Kunden an einem festen Ort. "Das Nutzungsszenario FWA ist einfacher, weil sich das CPE nicht bewegt", erklärt Rygaard.

In Deutschland ist ein Teil des 5G-Spektrums zwischen 3700 und 3800 MHz reserviert für lokale Netze von Unternehmen, die ihre Fertigungsstätten oder Logistikstandorte mit eigener Netzinfrastruktur versorgen wollen. Für die Industrie sind solche "Campus-Netze" interessant, weil sie damit unabhängig von Netzbetreibern sind. Diese Frequenzen sollen nicht versteigert, sondern auf Antrag vergeben werden – wie das genau ablaufen soll, ist noch offen.

GSMA-Managerin Schaart hält nichts davon, "einen signifikanten Teil des Spektrum für etwas zu reservieren, das noch völlig unklar ist". Die Netzbetreiber ärgert das einerseits, weil damit 100 MHz Spektrum ihrem Zugriff entzogen werden. Andererseits können Unternehmen damit eigene Netze aufbauen und müssen die nicht bei einem Netzbetreiber einkaufen. Damit entgeht denen unter Umständen ein substanzielles 5G-Geschäft. Es geht aber auch anders: Die Telekom hat auf dem MWC angekündigt, das erste Campus-Netz für den Osram-Konzern zu bauen – zunächst nur mit LTE, später soll dann ein 5G-Layer dazukommen.

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Die Bedeutung von 5G für die Industrie ist groß. Auch deshalb sorgt die Sicherheitsdebatte über den chinesischen Ausrüster Huawei für erhebliche Unruhe in der Branche. Der Marktführer spielt eine wichtige Rolle für die 5G-Pläne der Netzbetreiber. Alleine im Januar wurden 15.000 Basisstationen mit 5G-Technik von Huawei ausgerüstet, insgesamt sind es weltweit inzwischen 40.000 (die Netze der deutschen Anbieter umfassen jeweils rund 25.000 Stationen).

In der Politik geht die Angst vor chinesischer Spionage um, Rufe nach einem Verbot werden laut. Doch niemand in der Branche, auch nicht Huaweis direkte Konkurrenten, wünscht sich ein Verbot. Die Bundesregierung hat noch nicht Stellung bezogen. Die EU-Kommission will sich dazu bald äußern, sagt Digitalkommissarin Mariya Gabriel in Barcelona. Vielleicht trägt das zur Beruhigung der Debatte bei. Derzeit werde die Diskussion "fast hysterisch geführt", meint Roman Friedrich von Boston Consulting.

Im Hinblick auf die Sicherheit werde diskutiert, als sei 5G "irgendwie ein neues Netzwerk", meint Vodafone-CEO Read. "Dabei ist es nur eine weitere Schicht, die auf mehreren anderen Sicherheitsebenen aufsetzt". Zudem werde auch bei 5G kontinuierlich an der Sicherheit gearbeitet, ergänzt Emmanuel Delpon, Präsident der Netzbetreiberinitiative Next Generation Mobile Networks (NGMN): "Sicherheit ist bei 5G von Beginn an implementiert."

Trotz alledem wird es auch in Deutschland erste kommerzielle Anwendungen noch in diesem Jahr geben. Die Telekom will 2019 starten, hat sie auf dem MWC angekündigt – womit, will sie noch nicht verraten. Erste Smartphones gibt es auch schon, auch wenn die noch nicht ganz ausgereift sind. Der MWC 2020 dürfte also auch wieder ganz im Zeichen von 5G stehen: "Eins ist sicher", sagt Nokia-CEO Rajeev Suri in Barcelona. "Ich werde im nächsten Jahr hier nicht stehen und erzählen, wie toll ich 6G finde." (vbr)