AMD-Aufspaltung: Intel hat "ernste Fragen"

Intel sieht wegen der von AMD angekündigten Abspaltung der Chipfertigung erheblichen Klärungsbedarf in Bezug auf das Cross-License-Abkommen für Patente der beiden Firmen.

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Die gestern von AMD angekündigte Abspaltung der Chipfertigung führt möglicherweise zu einem neuen Rechtsstreit mit Intel. Der x86-Prozessor-Marktführer hat jedenfalls "ernste Fragen" in Bezug auf das seit 1. Januar 2001 gültige (und mittlerweile in weiten Teilen veröffentlichte) Cross-License-Abkommen zwischen AMD und Intel. Es räumt beiden Partnern Nutzungsrechte an Patenten der jeweils anderen Seite ein und legt die Höhe der Lizenzgebühren fest, die AMD quartalsweise an Intel überweist.

Wie Intel-Pressesprecher Martin Strobel gegenüber heise online erläuterte, ist aus Sicht seines Unternehmens unklar, ob die von AMD geplante Auslagerung der Fertigung von x86-Prozessoren in eine Tochterfirma, an der AMD 44,4 Prozent Anteil und 50 Prozent der Stimmrechte halten wird, von dem Vertrag gedeckt ist. Intel prüfe jedenfalls den Sachverhalt. Strobel stellte auch klar, dass AMD mit Intel bisher nicht über Details der Abspaltung verhandelt habe. Ähnlich hatte sich vor einigen Wochen auf dem IDF bereits Intel-Manager Pat Gelsinger im Gespräch mit c't geäußert.

Ein strittiger Punkt könnte nach Spekulationen sein, dass in dem "geschwärzten" Teil des Vertragstextes angeblich festgelegt ist, welcher Anteil der unter Lizenz gefertigten Prozessoren von AMD selbst produziert werden muss. Dieser Punkt lässt sich aber laut Intel-Sprecher Strobel unter anderem deshalb nicht öffentlich klären, weil dieser Vertragspassus der Geheimhaltung unterliegt. Intel habe AMD bereits in der Vergangenheit vorgeschlagen, weitere Teile des Vertrags zu veröffentlichen, sei aber nicht auf Zustimmung gestoßen.

AMD kann sicherlich nicht mit großem Entgegenkommen von Seiten Intels rechnen, denn die Fronten zwischen den beiden Konkurrenten sind verhärtet: Vor mittlerweile drei Jahren hatte AMD Intel in mehreren Ländern wegen angeblichen Monopolmissbrauchs verklagt; seither laufen Kartellverfahren. Besonders AMD-Chairman Hector Ruiz – designierter Chef der künftigen "Foundry Company" – hatte immer wieder das seiner Meinung nach rechtswidrige Verhalten von Intel öffentlich gescholten. Webseiten von AMD und Intel stellen die jeweilige Sicht der beiden Konzerne auf den Rechtsstreit dar.

Seit 1976 haben AMD und Intel Cross-License-Agreements; 2001 wurde der Vertrag – schon unter der Ägide von Hector Ruiz – zum vierten Mal erneuert. Das Abkommen von 2001 gilt bis zum 1. Januar 2011. Welcher Vertragspassus aus Intels Sicht nun verletzt werden könnte, ist unklar. Kapitel 3.2(c) könnte so interpretiert werden, dass AMD das Recht hätte, Prozessoren von einem beliebigen Auftragsfertiger herstellen zu lassen – das ist auch bereits der Fall, denn der Auftragsfertiger Chartered produziert AMD64-Prozessoren und TSMC den Geode LX. Kapitel 6.2(b)(7) sieht aber als Grund für das Ende des Abkommens explizit auch "Change of Control" bei einem der Vertragspartner vor. Kapitel 1.20 definiert eine Tochterfirma (Subsidiary) als ein Unternehmen, an dem ein Vertragspartner mindestens 50 Prozent der Anteile oder Stimmrechte hält. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Weitergabe der Lizenz-Nutzungsrechte durch einen der beiden Vertragspartner an Dritte. (ciw)