AMD Ryzen 7000: Defektgefahr bei allen Prozessoren und Mainboards

Für fast alle AM5-Mainboards sind BIOS-Updates verfügbar oder sollen zeitnah welche kommen. Sie ändern die Temperaturüberwachung und Spannungen.

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(Bild: c't)

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Die Gefahr, dass AMDs Ryzen-7000-Prozessoren im Betrieb überhitzen und zerstört werden, ist größer als zunächst angenommen. Nicht nur der Mainboard-Hersteller Asus, sondern auch Asrock, Gigabyte und MSI haben entweder schon BIOS-Updates bereitgestellt oder arbeiten derzeit an solchen. Einzig Biostar hält sich bisweilen bedeckt.

Zudem sind inzwischen mehrere Fälle bekannt, bei denen normale Ryzen-7000-Prozessoren ohne Stapel-Cache kaputtgingen – inklusive Schmorstellen und Auswölbungen an der CPU-Unterseite. Die BIOS-Updates schrauben teils an den Spannungen, die die Mainboards auf die CPUs geben, und teils an der Temperaturüberwachung. Letztere funktionierte in manchen Fällen offensichtlich nicht, wenn es sogar zu Hitzeschäden kam.

Im Fokus stehen derweil die sogenannten Extended Profiles for Overclocking (EXPO): AMDs GegenstĂĽck zu Intels Extreme Memory Profiles (XMP) zum automatisierten Ăśbertakten des Arbeitsspeichers. Mit EXPO werden nicht nur die Taktfrequenzen und Timings angepasst, sondern auch interne Spannungen im Prozessor angehoben.

Das beeinflusst etwa die sogenannte SOC-Spannung, also das, was man früher als Uncore-Bereich bezeichnet hat und sich um alles außerhalb der CPU-Kerne kümmert. Der Infinity-Fabric als Datenbrücke zwischen den Chiplets liegt in der Taktdomäne des Arbeitsspeichers und benötigt bei höherem Takt durch EXPO mehr Spannung.

Um Unterschiede festzustellen, haben wir Mainboards von Asrock, Asus, Gigabyte und MSI mit alten und neuen BIOS-Versionen verglichen, sowohl mit als auch ohne EXPO. Für eine möglichst hohe Last haben wir das Tool Prime95 verwendet. Alle Mainboards erhöhten durch das Laden von EXPO wie erwartet die SOC-Spannung – in den meisten Fällen von gut 1,1 (ohne EXPO) auf knapp 1,3 Volt.

Vergleich zwischen verschiedenen CPUs, Mainboards und BIOS-Versionen (alle Einheiten in Volt)
CPU RAM BIOS Vcore Max VDDCR SOC VDDIO MC
Gigabyte X670E Aorus Master
Ryzen 9 7900 DDR5-5200 F9 1,405 1,152 1,128
Ryzen 9 7900 DDR5-6000 EXPO F9 1,305 1,296 1,128
Ryzen 9 7900 DDR5-6000 EXPO F10a 1,350 1,296 1,128
Asrock B650M PG Riptide
Ryzen 7 7800X3D DDR5-5200 1.18 1,100 1,120 1,104
Ryzen 7 7800X3D DDR5-6000 EXPO 1.18 1,110 1,264 1,104
Ryzen 7 7800X3D DDR5-6000 EXPO 1.20.AS01 1,090 1,264 1,104
Asus TUF Gaming B650-Plus
Ryzen 7 7700 DDR5-5200 1410 27.3.23 1,270 1,224 1,136
Ryzen 7 7700 DDR5-6000 EXPO 1410 27.3.23 1,270 1,288 1,440
Ryzen 7 7700 DDR5-6000 EXPO 1409 21.4.23 1,315 1,288 1,440
Ryzen 7 7700 DDR5-5200 (Gegentest) 1409 21.4.23 1,270 1,240 1,136
MSI Pro B650-P Wifi
Ryzen 5 7600X DDR5-5200 1.00 1,290 1,112 1,096
Ryzen 5 7600X DDR5-6000 EXPO 1.00 1,270 1,262 1,344
Ryzen 5 7600X DDR5-6000 EXPO 1.51 Beta 1,270 1,364 1,344

Bei Asus und MSI zeigten sich derweil mehrere Auffälligkeiten. Mit EXPO haben die getesteten Mainboards Asus TUF Gaming B650-Plus und MSI Pro B650-P Wifi auch die VDDIO-Spannung stark erhöht (auch VCore MISC, VDD_MISC oder VDDIO MC genannt). Sie gilt für die Speicher-Controller im Prozessor.

Das MSI-Mainboard legte 1,344 Volt an, das Asus-Modell noch höhere 1,44 Volt. Weitere Auffälligkeiten: Mit dem Laden von EXPO stieg beim TUF Gaming B650-Plus auch reproduzierbar die CPU-Kernspannung um 45 Millivolt (0,045 Volt) – auch bei der BIOS-Version 1409, die entgegen der Nummerierung neuer ist als Version 1410. MSI hat die SOC-Spannung hingegen mit dem BIOS-Update noch weiter erhöht, auf 1,364 Volt in unserem Fall.

Die mechanischen Beschädigungen deuten darauf hin, dass die Spannungen manchmal in den Compute-Chiplets mit den CPU-Kernen zu hoch sind und manchmal im I/O-Die. Je nachdem entstehen die Schmorstellen und Auswölbungen.

GegenĂĽber dem Youtube-Kanal "der8auer" hat Asus inzwischen eine detailliertere Stellungnahme abgegeben, laut dem AMD und die Mainboard-Hersteller derzeit an einer Ăśberarbeitung der EXPO-Spezifikationen arbeiten:

"Die am Freitag veröffentlichten EFI-Updates enthalten einige spezielle thermische Überwachungsmechanismen, die wir implementiert haben, um die Boards und CPUs zu schützen. Wir haben deswegen ältere BIOSe entfernt und auch, weil die manuelle Vcore-Steuerung in früheren Builds verfügbar war. Wir arbeiten zudem mit AMD an der Definition neuer Regeln für AMD EXPO und der SOC-Spannung. Wir werden so schnell wie möglich neue Updates dafür herausgeben. Bitte haben Sie Geduld mit uns."

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, schaut auf der Produktseite des eingesetzten Mainboards nach BIOS-Updates und setzt die SOC- sowie VDDIO-Spannungen manuell oder setzt das BIOS zurück, ohne EXPO neu zu laden.

Bei den bisherigen Fällen haben Asus und AMD bereitwillig die Hardware ausgetauscht. Sollte tatsächlich EXPO-RAM für die Defekte verantwortlich sein, gibt es dafür aber keine Garantie: EXPO gilt genauso wie Intels XMP als Übertaktung und somit als Bruch der Garantiebestimmungen. Deswegen testet c't Prozessoren immer mit Arbeitsspeicher innerhalb der Herstellerspezifikationen, also ohne EXPO und XMP.

(mma)