Alaska Air: Boeing ändert Konstruktion der herausgebrochenen Türblende

Boeing und Spirit müssen sich der Behörde für Verkehrssicherheit stellen. Der Hersteller will die Konstruktion des herausgefallenen Türverschlusses ändern.

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Blick von innen auf ein Loch im Rumpf einer Boeing 737.

Eine Boeing 737 der Alaska Airlines hatte auf einem Inlandsflug den Türverschluss auf der linken Seite verloren.

(Bild: NTSB)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Boeing ändert die Konstruktion eines Rumpfteils der Boeing 737 Max 9, das eine Maschine dieses Typs im Januar auf einem Passagierflug verloren hatte. Unfallermittler gehen davon aus, dass bei der Montage des Rumpfs vier Haltebolzen vergessen wurden. Mit den konstruktiven Änderungen solle das nicht mehr möglich sein, sagte Boeings Vizepräsidentin für Qualitätssicherung, Elizabeth Lund, in einer Anhörung der US-Behörde für Verkehrssicherheit NTSB am Dienstag.

Auf einem Inlandsflug der Alaska Airlines von Portland nach Ontario (Kalifornien) im Januar hatte sich kurz nach dem Start ein Teil des Rumpfes aus seiner Verankerung gelöst und war vom Kabinendruck herausgepresst worden. Das Flugzeug vom Typ Boeing 737 Max 9 konnte trotz eines großen Lochs im Rumpf sicher zum Flughafen von Portland zurückkehren. Die NTSB hatte daraufhin eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet.

Bei dem verlorenen Bauteil handelte es sich um einen Verschluss für einen Türrahmen. Je nach Anzahl der Sitzplätze benötigt die Boeing 737 Max eine zusätzliche Tür als Notausgang. Bei einer Bestuhlung mit weniger Sitzen, wie sie viele US-Fluggesellschaften einsetzen, wird der dafür im Rumpf vorgesehene Türrahmen mit einem Bauteil mit normalem Fenster verschlossen. Von außen sieht man dann eine durchgehende Fensterreihe.

Dieses Bauteil wird im Türrahmen von zwölf Beschlägen gehalten; der Kabinendruck drückt die Beschläge der Türfüllung gegen die Haltebeschläge des Rahmens. Befestigt und gegen Verrutschen gesichert wird die Konstruktion mit vier Haltebolzen, von denen zwei das untere Scharnier der Türfüllung bilden. Bisherigen Untersuchungsergebnissen zufolge fehlten diese vier Bolzen bei dem Flugzeug von Alaska Airlines.

Dieses Design soll nun verändert werden. "Sie arbeiten an einigen konstruktiven Änderungen, die verhindern, dass die Türfüllung geschlossen werden kann, wenn es irgendein Problem gibt und sie nicht fest verankert ist", sagte Lund in der NTSB-Anhörung. Die neue Konstruktion solle im Laufe des Jahres umgesetzt werden und dann auch in der gesamten aktiven Flotte umgebaut werden.

Die Türfüllung wird bei der Montage des Rumpfs eingesetzt. Den Rumpf der 737 baut der Zulieferer Spirit AeroSystems. Boeing hatte 2005 sein Montagewerk in Wichita (US-Bundesstaat Kansas) verkauft, das seither als Spirit AeroSystems Teile für Boeing und andere Unternehmen baut. Anfang Juli hat Boeing bekanntgeben, Spirit AeroSystems für 4,7 Milliarden US-Dollar (4,3 Milliarden Euro) zurückzukaufen. Seit August hat Boeing auch einen neuen CEO.

Jeder von Spirit gelieferte Rumpf wird vor der Endmontage im Boeing-Werk Renton überprüft. Findet das Qualitätsmanagement von Boeing einen Fehler, wird der dokumentiert und behoben. Dafür stellt Spirit auch Mitarbeiter zu Boeing ab, die Fehler dann direkt vor Ort in der Fabrik in Renton beheben. Aber auch Boeings eigene Mechaniker arbeiten an den Flugzeugen.

Im Falle der Maschine von Alaska Airlines wurde die Türfüllung offenbar entfernt, um Reparaturen an der Vernietung der Hülle vorzunehmen. Normalerweise wird beim Flugzeugbau über jedes noch so kleine Bauteil, jede Maßnahme und alle Werkzeuge akribisch Buch geführt. Doch bisher konnte nicht ermittelt werden, wer für den Verlust der vier Bolzen verantwortlich ist. Offenbar auch, weil laut NTSB Unterlagen fehlen. Unterdessen soll Boeing im Zusammenhang mit dem Vorgang zwei Mitarbeiter freigestellt haben. Die NTSB kritisiert das, weil es die Aufklärung behindere.

Die NTSB hatte Boeing bereits wegen mangelnder Kooperation angezählt. Während der Anhörung am Dienstag und Mittwoch kritisierte die NTSB-Chefin Jennifer Homendy die Sicherheitskultur bei Boeing. Der Fall von Alaska Airlines sei nicht das erste Mal, dass es zu ungenehmigten und undokumentierten Arbeiten gekommen sei. "Dieser Vorfall hätte nie passieren dürfen. Das alles hätte schon vor Jahren abgestellt werden müssen", sagte Homendy.

Damit gerät auch die US-Luftfahrtbehörde FAA in die Kritik, die für die operative Überwachung der Flugzeugbauer und die Zertifizierung von Flugzeugen, Bauteilen, Software und technischen Verfahren zuständig ist. "Wir haben eine Menge Fragen – es gab Informationen, die bekannt waren", sagte Homendy. Fehlende und falsche Dokumentation seien schon seit Jahren ein Thema: "Das ist nicht neu."

Die Kritik an zu laxer Aufsicht dürfte auch für die FAA nicht neu sein. Die Behörde hatte auch eine unrühmliche Rolle im Skandal um die Zulassung einer wenig dokumentierten Steuerungssoftware der Boeing 737 Max 8, die zu den Abstürzen von zwei Passagiermaschinen führte. Während der NTSB-Anhörung zur ausgerissenen Tür der Maschine von Alaska Airlines sagte ein FAA-Vertreter: "Wir glauben, dass wir eine wirksame Aufsicht geführt haben."

(vbr)