Amazon Fresh startet in Hamburg: Hinter den Kulissen des Lebensmittelversands

Seite 2: Logistische Herausforderungen

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Dabei ist die Fresh-Halle mit ihren 12 000 Quadratmetern nur so groß wie ein einzelner weiträumiger Supermarkt. Frisches Brot wird direkt zur Auslieferung der Bestellung aufgebacken. Genauso der Wurstaufschnitt, bei dem man die Dicke der Scheiben auswählen kann. Die rund zwei Dutzend lokale Händler, deren Produkte auch über Fresh vertrieben werden, liefern täglich an einen zentralen Sammelpunkt, von dem die Ware dann ins Depot gebracht wird.

Noch sei es viel zu früh dafür, einen Umbruch im deutschen Lebensmittelhandel zu erkennen, sagt Marktexperte Thomas Täuber von der Unternehmensberatung Accenture. Aber: "Amazon hat gezeigt, dass das Modell in den ausgewählten Regionen gut funktioniert und damit die Richtmarke für die Lebensmittelhändler wie REWE, Edeka, Aldi oder Lidl gesetzt", betont er. "Die müssen sich jetzt noch intensiver Gedanken machen, wie sie ihre Vorteile ausspielen können."

Die Rivalen in Deutschland, die lange Zeit hatten, sich auf den Start von Amazon Fresh vorzubereiten und eigene Online-Angebote starteten, hätten dem US-Giganten auch einiges entgegenzusetzen. "Sie haben die Kundenbindung in der gesamten Fläche, sie haben die Infrastruktur und Logistik und wenn sie das clever kombinieren mit neuen Flächenkonzepten, haben sie sehr wohl eine gute Chance, ihren Anteil am Markt zu sichern", sagt Täuber.

Er rechnet damit, dass immer mehr Kleinflächen-Märkte in zentralen Lagen entstehen, die die Online-Welt integrieren - zum Beispiel indem man online zusammengestellte Warenkörbe abholen kann. "Aber sie werden im reinen Online-Kanal wahrscheinlich nie die 85 000 Produkte und das Serviceniveau von Amazon erreichen", schränkt der Experte zugleich ein.

E-Food ist noch kein Milliardengeschäft

(Bild: heise online/Statista)

Im Heimatmarkt USA machte Amazon vor kurzem Schlagzeilen mit der fast 14 Milliarden Dollar schweren Übernahme der auf hochwertige und entsprechend teure Lebensmittel spezialisierten Ladenkette Whole Foods Market. Der Großteil ihrer 461 Geschäfte ist in den USA, aber 9 liegen mit Großbritannien auch in Europa. Wäre das auch ein Weg für Deutschland?

Amazon-Manager Baumgartner weicht aus - derzeit gehe es darum, hier das Fresh-Konzept zum Laufen zu bringen. Im Moment müssen Kunden in Deutschland zunächst noch überzeugt werden, dass die online bestellten Waren genauso frisch und ohne Unterbrechung der Kühlkette geliefert werden wie im gewohnten Supermarkt.

Die eingehende Frischware, die zunächst komplett im Kühlbereich landet, werde von ausgebildeten Produktspezialisten begutachtet, heißt es bei Amazon. In die Liefertaschen kommen Kälteakkus oder Trockeneis bei Tiefkühlprodukten. Niemand darf die Halle betreten, ohne sich die Hände zu desinfizieren. Rund 150 Mitarbeiter arbeiten im Fresh-Depot, etwa 75 pro Schicht.

Im Tiefkühler mit seinen Minus 18 bis 22 Grad ist die Arbeitszeit auf 30 Minuten beschränkt, im Kühlbereich bei Plus 2 auf zwei Stunden. Auf einem Board am Eingang können Mitarbeiter Vorschläge und Fragen aufschreiben. Binnen zwölf Stunden soll es eine Antwort der Betriebsleitung darauf geben, sagt Schatte. Derzeit geht es unter anderem um den Wunsch nach mehr Uhren in der Halle und die Möglichkeit, dorthin eigene warme Getränke mitnehmen zu können.

(dahe)