Amazon-Mitarbeiter beginnen dreitägigen Streik

Verdi erhöht im Tarifstreit mit Amazon den Druck: Die Gewerkschaft setzt ihre Streiks fort und will dem Versandriesen mit einem Drei-Tage-Ausstand das Weihnachtsgeschäft vermiesen. Amazon will trotz der Proteste zuverlässig liefern.

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Amazon-Mitarbeiter beginnen dreitägigen Streik

(Bild: Amazon)

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  • dpa

Mitarbeiter von Amazon haben am frühen Montagmorgen an fünf Standorten des Versandhändlers die Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft Verdi will mit dem dreitägigen Streik kurz vor Weihnachten den Druck auf Amazon erhöhen. Den Auftakt machte der größte Standort im osthessischen Bad Hersfeld um kurz nach Mitternacht. Mitarbeiter in Leipzig (Sachsen), Graben (Bayern), Rheinberg und Werne (beide NRW) folgten mit Beginn der Frühschicht am Morgen.

Verdi vs. Amazon

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und Amazon liegen in Deutschland seit langem im Streit über den Tarifvertrag für die Beschäftigten: Die Gewerkschaft will für die Mitarbeiter eine Bezahlung nach Einzelhandelstarif erreichen. Amazon sieht sich als Logistiker, der mit seinen Löhnen am oberen Ende des Branchenüblichen liegt.

"Wir machen so lange weiter, bis wir denken, dass ein gerechtes Niveau für die Mitarbeiter von Amazon erreicht ist", sagte Gewerkschaftssekretär Heiner Reimann in Bad Hersfeld. In Leipzig erklärte Verdi-Sprecher Thomas Schneider: "Amazon bewegt sich nicht und muss deshalb bewegt werden."

Die Gewerkschaft versucht seit mehr als einem Jahr, den Versandhändler zu Tarifgesprächen zu Bedingungen des Einzelhandels zu überreden. Amazon lehnt das strikt ab und sieht sich selbst als Logistiker. Deswegen kommt es seit Mai 2013 immer wieder zu Streiks. Das Unternehmen beschäftigt in bundesweit neun Warenlagern knapp 10.000 Mitarbeiter. Hinzu kommen noch einige Tausend Aushilfen, die für das Weihnachtsgeschäft angestellt wurden.

Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger betonte, die Streiks richteten sich nicht gegen die Kunden, sondern gegen Amazon als Arbeitgeber. "Lieferverzögerungen können wegen der Streiks nicht ausgeschlossen werden." Bestellungen sollten nicht allzu kurzfristig aufgegeben werden.

Unternehmenssprecherin Anette Nachbar versicherte den Kunden am Morgen dagegen, sie könnten sich trotz des Ausstands auf ein pünktliche Auslieferung bestellter Artikel verlassen: "Die Päckchen kommen pünktlich an." Am heutigen Montag sei der Spitzenbestelltag des Unternehmens.

Dass Amazon trotz der Beeinträchtigungen pünktlich liefert, begründet das Unternehmen mit seinem europaweiten Netzwerk mit 28 Logistikzentren in sieben Ländern. Robert Gottfried Marhan, der Standortleiter des größten Versandzentrums in Bad Hersfeld, erklärte jüngst: "Streiks sind ein Szenario, auf das wir vorbereitet sind."

[Update 15.12.2014 14:21]:

Nach Amazon-Angaben beteiligten sich weniger als 1100 Mitarbeiter der Frühschicht an den Ausständen in Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne und Graben. Verdi machte zunächst keine bundesweiten Angaben. Gewerkschaftssprecher vor Ort sprachen von etwa 100 Streikenden in Werne bis hin zu 400 in Rheinberg. Bundesweit arbeiten bei Amazon im Weihnachtsgeschäft dem Unternehmen zufolge rund 20. 000 Menschen – 10.000 Festangestellte und 10.000 Saisonkräfte.

"Wenn Amazon sich nicht bewegt, bewegen sich die Kollegen", sagte Verdi-Sprecher Thomas Schneider in Leipzig, wo etwa 200 Mitarbeiter die Arbeit niedergelegt hätten. "Wir kämpfen für den Tarifvertrag Versandhandel. Das ist unser Ziel", sagte seine Kollegin Sabine Busch in Rheinberg.

Zudem will die Gewerkschaft, dass am Standort Rheinberg die Zahl der Befristungen eingegrenzt wird. "Amazon ist lange genug hier. Es ist nicht mehr nötig, die Leute durch Zeitverträge so lange im Unklaren zu lassen", sagte Gewerkschaftssprecher Daniel Zimmermann. In Werne geht es den Streikenden außerdem um eine "Standort- und Beschäftigungsgarantie", denn der Mietvertrag für das ehemals von Ikea genutzte Logistik-Zentrum ende 2016.

Die Einschätzungen zu den Auswirkungen der Arbeitsniederlegungen gehen weit auseinander. "Wir liefern pünktlich", betonte Amazon-Sprecherin Anette Nachbar. An den Streiks nehme nur eine Minderheit der Mitarbeiter teil. Dagegen gehen Verdi-Sprecher davon aus, dass die Ausstände den Online-Versandhändler sehr wohl herausfordern. Karsten Rupprecht in Werne berichtete, dass Amazon bei Streiks "umlagere". Je mehr Versandzentren sich an den Streiks beteiligten, desto schwieriger werde das aber. (jk)