Amazon verklagt Vermittler unehrlicher Rezensionen

Amazon will stärker gegen unnatürliche Bewertungen im Online-Shop vorgehen. Der Händler verklagt jetzt AppSally, Rebatest und Pingjiae.

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Schild "Nothing is as valuabe as a Happy Customer", darüber zwei Sterne une der Text "Like a Star"

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Gute Rezensionen für eigene Angebote, schlechte für die Konkurrenz – das bieten Vermittler wie AppSally und Rebatest schamlos feil. Den Autoren der "Bewertungen" winken Gratisprodukte oder Geld. Die daraus resultierenden Lobeshuldigungen schaden ehrlichen Händlern, dem Ruf des Marktplatzbetreibers und Verbrauchern.

Denn Online-Käufer sehen Kundenbewertungen als wichtigste Hilfe an. Am Dienstag hat Amazon Klagen gegen die Betreiber der Vermittlungsplattformen AppSally einerseits, sowie Rebatest und Pingjiae andererseits, eingebracht. Sie sollen sich vor einem Gericht des US-Bundesstaates Washington verantworten. Amazon wirft ihnen vor, durch unfaires und irreführendes Verhalten ein Verbraucherschutzgesetz Washingtons zu verletzen, sich ungerechtfertigt zu bereichern und absichtlich in fremde Vertragsverhältnisse einzugreifen.

Letzteres betrifft sowohl die Vertragsbeziehungen zwischen Amazon und Händlern, als auch zwischen Amazon und Rezensenten. In seinen Geschäftsbedingungen versucht Amazon, durch Anreize veranlasste Rezension zu untersagen. In der Klage beantragt Amazon gerichtliche Unterlassungsverfügungen, Offenlegung aller Auftraggeber, Rezensenten, Rezensionen und damit verbundenen Bezahlvorgänge, sowie Gewinnabschöpfung, dreifachen Schadenersatz und Ersatz der Gerichts- und Anwaltskosten.

Im Falle Rebatest und Pingjiae sind die in Washington registrierte Betreiberfirma Rebatest Inc., deren Gründer Song Yan sowie als (Mit)Betreiber weitere noch Unbekannte beklagt. Während die AppSally-Webseite eine Adresse in Neuseelands Hauptstadt Wellington angibt, glaubt Amazon an eine ganz andere Provenienz der Seite: Beklagt sind die auf der malaysischen Insel Penang ansässige Firma Resonet, deren Eigentümerin Yu Qi "Patricia" Ooi, und wiederum ihre noch unbekannten Kollegen.

heise online hat Rebatest zu einer Stellungnahme eingeladen. Kontaktaufnahme mit AppSally ist uns nicht gelungen. Deren Webseite behauptet, die vermittelten Rezensionen seien regelkonform. Der Auftraggeber zahle zwar für beispielsweise zehn positive Bewertungen, die Auftragnehmer würden jedoch in ihrer Freiheit nicht eingeschränkt. Sollten AppSallys Vermittlungsdienste weniger als zehn positive Rezensionen zeitigen, könne der Auftraggeber über den Kundendienst weitere Bewertungen reklamieren, bis er insgesamt die von ihm bezahlten zehn positiven Bewertungen erhalten habe.

In der Klage wirft Amazon AppSally allerdings vor, von Auftraggebern Vorschläge für gewünschte Rezensionen zu verlangen. Außerdem rate AppSally seinen Auftraggebern, bei Bestellungen der Rezensenten statt echter Waren bloß leere Kartons zu versenden. Denn Amazon schränkt Bewertungen, bei denen der Kunde das Produkt nicht über Amazon bestellt hat, ein oder gewichtet sie geringer. Durch den Versand leerer Kartons können die unehrlichen Händler normale Bestellungen billig vorgaukeln.

Gegenüber Rebatest verweist Amazon unter anderem darauf, dass Rezensenten zwar grundsätzlich frei bewerten dürfen, aber in Wahrheit doch nicht: Geben sie im Schnitt weniger als 4,65 von 5 möglichen Sternen, fliegen sie aus dem lukrativen Programm.

Nach eigenen Angaben hat Amazon im Jahr 2020 von über 1,5 Milliarden Bewertungen mehr als 200 Millionen Bewertungen gelöscht, weil Amazon diese als verdächtig einstuft. Der Konzern verweist auf erfolgreiche Klagen gegen andere Bewertungsvermittler, darunter einen in Deutschland im Vorjahr. Sie hätten ihre Auftraggeber offenlegen müssen. Das erleichtert Amazon, deren Konten zu schließen.

Natürlich zeigen auch AppSally und Rebatest neben ihren eigenen Angeboten Bewertungen angeblicher Nutzer. Glaubt man diesen Rezensionen, sind die Auftraggeber überglücklich.

Die Verfahren heißen Amazon.com v. Appsally.com (Resonet, Yu Qi Ooi, and John Does 1-5), Az. 22-2-02587-5 SEA, sowie Amazon.com v. rebatest.com (Rebatest Inc., Song Yan, and John Does 1-5), Az. 22-2-02588-3 SEA. Beide Klagen sind am Superior Court des King County im US-Bundesstaat Washington anhängig.

(ds)