Apple, Samsung & Co.: EU-Parlament stimmt für faire und nachhaltige Lieferketten

Große Unternehmen sollen per Gesetz keine Gewinne mehr mit Kinder- oder Zwangsarbeit sowie Umweltzerstörung in ihren internationalen Lieferketten machen dürfen.

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(Bild: Zaie/Shutterstock.com)

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Das EU-Parlament hat am Donnerstag seine Position zum geplanten Lieferkettengesetz der Europäischen Union abgesteckt. Größere Unternehmen sollen demnach die negativen Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf Menschenrechte und Umwelt wie Kinderarbeit, Sklaverei, Arbeitsausbeutung, Umweltverschmutzung und -zerstörung sowie den Verlust der biologischen Vielfalt erkennen und erforderlichenfalls verhindern, beenden oder abmildern müssen. Die vorgesehenen Sorgfaltspflichten erstrecken sich dem Plan nach auch auf Partner in der Wertschöpfungskette. Hier müssten die betroffenen Firmen nicht nur Lieferanten, sondern auch Verkauf, Vertrieb, Transport, Lagerhaltung, Abfallmanagement und andere Bereiche überwachen und bewerten.

Die Vorschriften sollen laut den Abgeordneten für in der EU ansässige Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und einem weltweiten Umsatz von über 40 Millionen Euro sowie für Mutterkonzerne mit über 500 Mitarbeitern und einem globalen Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro gelten. Einbezogen wissen wollen die Volksvertreter auch Firmen aus Drittstaaten mit einem Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro, wenn mindestens 40 Millionen davon in der EU erwirtschaftet werden. Die Regeln sollen unabhängig von der Branche gelten, also etwa auch den IT-Sektor sowie Anbieter von Finanzdienstleistungen erfassen.

Bei Apple, Samsung & Co. wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Missstände in den Lieferketten aufgedeckt. Große Hersteller von Smartphones und anderer vernetzter Geräte sicherten daher bereits mehrfach zu, höhere Standards etwa beim Abbau von Zinn in Afrika und Südostasien einzuführen. Dass kontrollierte Wertschöpfungsketten von der Mine bis zum fertigen Mobiltelefon möglich sind, demonstrierten Zulieferer wie AVX mit Tantal-Kondensatoren für das Fairphone schon seit Längerem. Die EU-Abgeordneten drängten daher schon 2021 auf ein strenges europäisches Lieferkettengesetz mit Vorgaben auch für "faire" IT.

Mit ihrer Linie für die noch ausstehenden Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat hat das Parlament nun den ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission an diversen Punkten verschärft. Unternehmen müssten etwa einen Übergangsplan umsetzen, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Bei Konzernen mit mehr als 1000 Mitarbeitern soll sich das Erreichen dieses Ziels auf die variable Vergütung des Managements etwa über Boni auswirken. Firmen sollen zudem mit den von ihren Handlungen Betroffenen sowie Menschenrechts- und Umweltaktivisten in Kontakt treten, einen Beschwerdemechanismus einführen und die Wirksamkeit ihrer Sorgfaltspflicht regelmäßig überprüfen. Zuwiderhandlungen machen Unternehmen dem Entwurf nach schadensersatzpflichtig und können von nationalen Aufsichtsbehörden sanktioniert werden. Die vorgesehenen Geldbußen umfassen bis zu mindestens 5 Prozent des weltweiten Nettoumsatzes.

Ausländischen Firmen droht ein Ausschluss von der öffentlichen Auftragsvergabe in der EU. Die Auflagen sollen je nach Unternehmensgröße nach drei oder vier Jahren gelten. Kleinere Firmen könnten die Anwendung um ein weiteres Jahr verschieben. Die Mehrheit für die Position fiel mit 366 zu 225 Stimmen bei 38 Enthaltungen recht knapp aus. Dies lag daran, dass die Mitte-Rechts-Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) den Kompromiss im Rechtsausschuss erst mitgetragen, vor der Plenarentscheidung aber nach starkem Industrie-Lobbying Bedenken bekommen hatte. Alle, die bereits ein "faires Wirtschaftsrecht" ausübten, hätten nichts zu befürchten, suchte die sozialdemokratische Berichterstatterin Lara Wolters die Sorgen zu entkräften. Nur die wenigen "Cowboy-Unternehmen", die sich nicht regelkonform verhielten, würden vom Markt abgeschnitten.

(mki)