Apple rutscht in die Krise

Apple gibt eine Gewinnwarnung aus: Zum ersten Mal seit drei Jahren wird die Mac-Firma Verluste verbuchen müssen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Als Retter von Apple stürmisch umjubelt, hat Steve Jobs nun auch die eher undankbare Aufgabe, erneut schlechte Nachrichten verkünden zu müssen. Der Hersteller rechnet für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres mit einem Verlust von 225 bis 250 Millionen US-Dollar aus dem operativen Geschäft – dies wäre das erste Mal nach 12 profitablen Quartalen, dass Apple einen Quartalsverlust ausweisen müsste. Der Umsatz wird wohl nur eine Milliarde US-Dollar erreichen und liegt damit rund 600 Millionen US-Dollar unter den Erwartungen. Allerdings hat Apple noch Hoffnung, dass infolge von Einnahmen aus Investments insgesamt vielleicht doch noch schwarze Zahlen in der Endbilanz stehen werden.

Steve Jobs jedenfalls scheint sich über eins sicher: Apple ist Opfer der Flaute im Weihnachtsgeschäft und der rückläufigen PC-Verkäufe, die auch andere PC-Hersteller schon hart traf: "Der rasche und in der ganzen Branche spürbare Rückgang der PC-Verkäufe wird Apple das erste Quartal in drei Jahren ohne Gewinn bringen", bedauerte Jobs in einer Telefonkonferenz. Er versprach aber, dass Apple im kommenden Quartal wieder dauerhaft in die Gewinnzone zurückkehren werde. Im Detail begründete Apple die Gewinn- und Umsatzwarnung mit den viel geringer als geplant ausfallenden Umsätzen im Oktober und November, mit unerwartet niedrigen Umsätzen in allen Regionen und mit nicht geplanten Verkaufshilfen und Preisaktionen.

"Kein Geschäft geht ohne Unterbrechung nach oben", grummelte Jobs: "Ich hab' das nun schon oft erlebt: Man nennt es einen Zyklus." Und er gab sich optimistisch: Apple werde weiterhin eine "Arnold Schwarzenegger Bilanz" vorlegen, denn die Firma könne die Schlecht-Wetter-Periode gut überstehen. Allerdings musste Jobs auch eingestehen, Apple sei nicht darauf vorbereitet gewesen, durch Einflüsse getroffen zu werden, die Umsatzsteigerungen verhinderten: "Ich bin darüber nicht stolz." Dafür gibt es wohl auch keinen Grund: Dies ist immerhin bereits das zweite Quartal, in dem Apple mit seinen Geschäftszahlen hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Unter anderem verkauft sich der viel bestaunte Würfelrechner G4 Cube wohl weit schlechter als man angesichts der allgemeinen Begeisterung bei seiner Vorstellung erwartet hatte. Zudem: Die Lagerbestände insgesamt bei den Händlern wuchsen während der letzten zwei Monate statt zu sinken, wie sich das Apple erhoffte – und was die Firma durch Sonderverkäufe und Preissenkungen unterstützen wollte. Laut Apples Finanzchef Fred Anderson sind in den Vertriebskanälen inzwischen Lagerbestände für 11 Wochen vorhanden, nachdem sie Ende September noch bei Vorräten für 8 Wochen lagen. Anderson erwartet nicht eingeplante Kosten von 250 Millionen US-Dollar im Geschäftsjahr 2001, um diese Lagerbestände zu reduzieren.

Auch wenn Apple die schlechten Zahlen vor allem im Zusammenhang mit der Schwäche der PC-Industrie insgesamt sieht, gibt es noch weitere Faktoren, die Apple-spezifisch sind. So sind die Verkäufe an Bildungseinrichtungen stark eingebrochen– Apple musste in den USA sogar seinen angestammten ersten Platz in diesem Markt an Dell abgeben. Jobs aber hofft auf Neuvorstellungen, um Apple wieder nach oben zu bringen: Eine Reihe von neuen Rechnern und Anwendungen könne die Verkäufe wieder beleben; außerdem sei man mit Mac OS X im Zeitplan: "Ich bin begeisterter über unsere zukünftigen Produkte als ich es jemals war."

Bislang aber traut die Börse den Prophezeiungen Jobs' noch nicht: Die Aktien des Unternehmens fielen im nachbörslichen Handel stark auf 14 US-Dollar. Sie waren zuvor im regulären Handel von der boomenden Nasdaq auf 17 US-Dollar hochgezogen worden. Insgesamt ist der Kurs des Apple-Papiers in diesem Jahr um über 65 Prozent gefallen, nachdem die erste Zeichen von unerwartet schwachen Geschäften die Aktie unter Druck zu setzen begannen. (jk)