Auf ein Neues: Was im IT-Recht 2021 auf uns zukommt
Corona, IT-Sicherheit, Terrorismusbekämpfung, KI, Bundestagswahl, Brexit, Urheberrecht – dem IT-Recht stehen auch 2021 zahlreiche brisante Themen ins Haus.
- Tobias Haar
Das Jahr 2021 wird in vielerlei Hinsicht und nicht zuletzt für das IT-Recht spannend. Die Coronakrise wird sich dank zunehmend verfügbarer Impfstoffe voraussichtlich entspannen, aber auch weiterhin erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Politik haben. Am 26. September wird die Bundestagswahl stattfinden. Für das IT-Recht ein wichtiges Datum, denn hierzulande gilt das sogenannte Diskontinuitätsprinzip.
Es besagt, dass alle bis zum Ablauf einer Legislaturperiode nicht abgeschlossenen Gesetzgebungsvorhaben automatisch beendet werden. Sie müssten in der folgenden Legislaturperiode erneut von vorne starten. Und wegen Corona sind bereits jetzt zahlreiche Vorhaben in Verzug. Die Zeit könnte knapp werden, denn kurz vor der Bundestagswahl ist auch für den Gesetzgeber Sommerpause – und eben Wahlkampf.
Die Klassiker: Ăśberwachung und kein Ende
Derzeit wird unter dem Stichwort der Terrorismusbekämpfung erneut über die Ausweitung von Überwachungsmöglichkeiten für Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste diskutiert. Konkret geht es um die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Kommunikationsdiensten wie Signal, WhatsApp, Threema oder Facebook. Auf EU-Ebene erwägen die Verantwortlichen eine Pflicht für Diensteanbieter, den Behörden einen Generalschlüssel zu übergeben, mit dem diese jederzeit und unbemerkt die Kommunikation zwischen Personen einsehen können. Das Vorhaben trifft bei Datenschützern, Bürgerrechtlern und Experten für IT-Sicherheit auf erbitterten Widerstand.
Dies gilt auch für die geplante verstärkte Nutzung von Staatstrojanern, über die in Deutschland nachgedacht wird. Damit ließe sich Kommunikation abfangen, bevor sie für den Transport zum Empfänger verschlüsselt wird. Die Diskussion dürfte im Jahr 2021 noch an Vehemenz zunehmen.
Auch die unendliche Geschichte über die rechtliche Zulässigkeit einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung dürfte im kommenden Jahr in die nächste Runde gehen. Jüngst hat der wissenschaftliche Dienst des Bundestages ein Gutachten hierzu erstellt. Die Juristen kommen darin zu dem Schluss, dass angesichts der Rechtsprechung insbesondere des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eine solche Form der Vorratsdatenspeicherung „kaum Bestand haben dürfte“. Der EuGH wird 2021 über eine Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts entscheiden, in der es konkret um diese Fragen gehen wird, und voraussichtlich die bislang geltenden, aber ausgesetzten deutschen Regelungen für rechtswidrig erklären.
Ein für das IT-Recht brisantes Gesetzgebungsverfahren umfasst die derzeitige Diskussion um ein „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts“. Bis Anfang Juni 2021 müssen mehrere EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden. Konkret geht es um die „Online-SatCab-Richtlinie“ über die Onlineverwertung von Rundfunkprogrammen sowie insbesondere die „Richtlinie über das Urheberrecht im Binnenmarkt“.
Mitverantwortung für Verstöße
Plattformbetreiber sollen demzufolge gesetzlich in die Verantwortung genommen werden, wenn sie nicht auf Hinweise der Rechteinhaber auf Urheberrechtsverstöße bei hochgeladenen Inhalten reagieren. Bagatellnutzungen geschützter Werke etwa im Rahmen von User Generated Content sollen aber zulässig sein. Auch das in Deutschland bereits eingeführte Leistungsschutzrecht der Presseverleger wird nach Maßgabe der EU-Vorgaben im Detail geändert.
Für die Bereiche maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz sind Regelungen zum Text und Data Mining geplant. In diesem Bereich soll eine kostenfreie Nutzung rechtmäßig zugänglicher Werke erlaubt werden, soweit der Rechteinhaber dem nicht widerspricht. Im Gesetz soll Text und Data Mining auch definiert werden als „die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen“.
Neuregelungen soll es auch für das Streaming von Radio- und Fernsehsendungen sowie deren Verfügbarkeit in Mediatheken geben. Bei dem Gesetzgebungsvorhaben handelt es sich „um die größte Urheberrechts-Reform seit zwei Jahrzehnten, die zugleich dazu dient, das Urheberrecht an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes in der Europäischen Union anzupassen“, schreibt das Bundesjustizministerium auf seiner Webseite.
Vor Kurzem ist die deutsche EU-Ratspräsidentschaft mit einem weiteren Anlauf für die Anpassung der in die Jahre gekommenen E-Privacy-Richtlinie aus dem Jahr 2002 gescheitert. Sie hat als Spezialgesetz im Bereich der elektronischen Kommunikation vor der DSGVO Vorrang. Ein wesentlicher Grund für das Scheitern war der Vorschlag, Cookies nicht mehr aus „berechtigtem Interesse“ zuzulassen. Er fiel bei den Vertretern anderer EU-Staaten durch. Nun soll es auf deutscher Ebene mit einem Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz eine rein nationale Regelung geben. Sie soll in diesem Bereich endlich Klarheit und Rechtssicherheit schaffen.