Aufklärungsdrohne Global Hawk nicht über Deutschland

Die hochfliegende Drohne Global Hawk, die im Rahmen des NATO-Programmes AGS über Europa als Aufklärer eingesetzt werden soll, kann offenbar nicht über Deutschland fliegen. Kritiker des AGS-Projektes vermuten Datenschutzgründe.

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Von
  • Detlef Borchers

Eine Drohne "Global Hawk" der US Air Force

Ab 2017 sollen HALE-Drohnen (High Altitude Long Endurance) des Typs Global Hawk im Rahmen des NATO-Programmes Alliance Ground Surveillance (AGS) für die optische und signaltechnische Aufklärungsarbeit eingesetzt werden. Ein erster Test der Fähigkeiten erfolgte im Rahmen der NATO-Übung Unified Vision im Mai in Norwegen. Nach dem Start der Global Hawk im italienischen Sigonella flog die Drohne über Frankreich und England in das Übungsgebiet. Dies bestätigte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion.

Drohnen im militärischen Einsatz

Einsätze bewaffneter Drohnen durch die USA außerhalb ihres eigenen Territoriums, bei denen tausende Zivilisten getötet worden sein sollen, sorgen für Empörung - und für eine Debatte, wie solche, nach Meinung von Juristen vom Völkerrecht nicht gedeckte Einsätze eigentlich zu rechtfertigen sind. Und spätestens nach dem EuroHawk-Debakel hat die Frage "Wie hältst Du es mit dem militärischen Einsatz von Drohnen?" auch die deutsche Öffentlichkeit erreicht.

In der Antwort der Bundesregierung heißt es, dass die zum Manöver benutzte Global Hawk zwar eine Genehmigung zur Überquerung von Deutschland als kürzeste Flugstrecke zum Einsatzort besaß. Für diesen Teil der Strecke war sogar ein deutscher Offizier als nationaler Beobachter zuständig, der eine Pilotenlizenz für die Drohne besaß und diese steuern sollte. Die Leiter der NATO-Übung entschieden sich jedoch für den Umweg über Frankreich und England. In dieser Hinsicht brachte die Übung keine Erkenntnisse, wie von der Bundesregierung definiert: "Überflüge dienen dem Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Integration von unbemannten Luftfahrzeugen in den Luftraum sowie der Fortschreibung standardisierter flugbetrieblicher Verfahren."

Nach Auskunft der Bundesregierung hatte die Global Hawk auf dem ersten Flug vom 8./9. Mai 2014 Kameras und Radargeräte an Bord, auf dem zweiten und dritten Flug (19./20 und 26./27. Mai) jedoch zusätzliche Geräte zur "signalerfassenden Aufklärung" (SIGINT). Deshalb könnte der Umweg in Kauf genommen werden, weil auch in 15.000 Metern Höhe für die MALE-Drohne das deutsche Datenschutzrecht gilt und SIGINT-Flüge ohne Datenschutzkonzept nicht zulässig sind. Bei der weitgehend baugleichen Drohne EuroHawk hatte eine kleine Anfrage der Linksfraktion ergeben, dass der Datenschutz nicht berücksichtigt wurde.

Inzwischen ist die Sensibilität für dieses Thema gestiegen. So hatte die Bundesdatenschützerin Andrea Voßhoff im März angekündigt, die terrestrische Fernmeldeaufklärung der Bundeswehr zu überprüfen. Andrej Hunko von der Linksfraktion argwöhnt daher, dass der deutsche Datenschutz ein Grund für den Umweg gewesen sein könnte: "Vielleicht hatte das Verteidigungsministerium deshalb für die Flüge der Global Hawk angeordnet, entsprechende Sensoren im deutschen Luftraum auszuschalten. Das gefiel der NATO wohlweislich nicht. Nun muss geklärt werden, ob die optischen und signalerfassenden Sensoren über Frankreich und Großbritannien spionieren durften", erklärte Hunko.

Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage "Übungen mit Drohnen der Bundeswehr, der US-Armee und der NATO" erfolgt wenige Tage vor der öffentlichen Anhörung von Experten vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestages. Sie beschäftigen sich mit "völker- und verfassungsrechtlichen sowie ethischen und sicherheitspolitischen Fragen im Zusammenhang mit unbemannten Luftfahrzeugen, die über Aufklärung hinaus auch weitere Kampffähigkeiten haben". Die Anhörung der Experten soll klären, welche Drohnen die Bundeswehr in Zukunft anschaffen oder anmieten kann. Für Andrej Hunko ist dies eine beschlossene Sache. Er bewertet die Anhörung als Alibi. (jk)