Bertelsmann-Chef: Musikbranche braucht mehr Mut im Internet

Der Chef des Bertelsmann-Konzerns, Thomas Middelhoff, hat sich anlässlich der Popkomm in Köln zu den aktuellen Streitigkeiten zwischen der Musikindustrie und MP3-Tauschbörsen wie Napster geäußert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 21 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Axel Vahldiek

Der Chef des Bertelsmann-Konzerns, Thomas Middelhoff, hat sich anlässlich der Popkomm in Köln zu den aktuellen Streitigkeiten zwischen der Musikindustrie und MP3-Tauschbörsen wie Napster geäußert. Napster wurde von der Musikindustrie verklagt, weil über die Tauschbörse Copyright-geschützte MP3-Dateien illegal verbreit wurden. Im Prozess gegen Napster wird für den heutigen Freitag die Vorlage erster Schriftstücke erwartet, die Beweisführung soll aber erst später beginnen.

Nach dem Willen von Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff soll die Musikindustrie in den nächsten zwölf Monaten konsequent den Weg ins Internet suchen. Die Musikbranche müsse neue Geschäftsmodelle entwickeln und die neue Technik integrieren. "Haben Sie den Mut, auch Fehler zu machen und alles komplett in Frage zu stellen", rief er der Branche zu. "Sehen sie die Chance und nicht so sehr das Risiko." In fünf Jahren könnte seiner Ansicht nach der Umsatz der Plattenverkäufe über das Internet bei 20 Prozent liegen.

Middelhoff betonte, die Bedeutung des Internets und der Online-Firmen wie MP3.com oder die Musiktauschbörse Napster seien unterschätzt worden. Es sei jedoch klar, dass solche Techniken nicht mehr zu stoppen seien. Auch Andreas Schmidt, Chef der E-Commerce-Group von Bertelsmann, hatte bereits ähnliche Ansichten geäußert. Middelhoff warf der Branche nun auch vor, über die Kundeninteressen nicht immer nachgedacht zu haben. "Wer heavy user bei Napster ist, ist auch heavy user im Plattengeschäft", analysierte Middelhoff. Wer sich bei Napster MP3-Dateien besorgt, dürfe nicht als kriminell hingestellt werden.

Im Kampf gegen Raubkopien forderte er die schnelle Einführung technischer Standards zur Abrechnung im Internet und die schnelle Digitalisierung der legalen Musik. Bisher gebe es lediglich 150 legale Titel im Netz, aber ein gewaltiges illegales Angebot bei Napster (allerdings muss man die von Middelhoff genannte Zahl legaler Musikstücke im Internet wohl als erheblich zu niedrig einstufen). Die Label müssen sich neu definieren, forderte Middelhoff. Dabei müsse das Verhältnis zum Künstler im Mittelpunkt stehen. Diese könnten von Erscheinungen wie Napster auch profitieren: Madonna sei sehr traurig gewesen, als ihre neue Single schon vor der Veröffentlichung im Internet zu hören war, doch dies stelle sich jetzt als großer Werbeeffekt heraus.

Wie Bertelsmann sich die Zukunft der digitalen Musik vorstellt, soll das Bertelsmann-Tochterunternehmen Musicdownload24 ab 1. September zeigen. (axv)