Bertelsmann-Eigner schließen Teil-Börsengang nicht aus

Die GBL, die 25 Prozent am Gütersloher Medienkonzern hält, kann den Börsengang ihrer Anteile verlangen. Für Aufsichtsrätin Liz Mohn steht im Vordergrund, dass Eigentümerfamilie und Stiftung die Kontrolle über drei viertel der Anteile behalten.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Aktien des Gütersloher Medienkonzerns Bertelsmann könnten künftig an der Börse gehandelt werden. Voraussetzung ist, dass die vom belgischen Baron Albert Frère geführte Groupe Bruxelles Lambert (GBL) von ihrem Recht Gebrauch macht, einen Börsengang ihres 25,1-prozentigen Anteils an Bertelsmann zu verlangen. Bertelsmann zufolge wurde der GBL die Möglichkeit zum so genannten "listing request" vertraglich eingeräumt. Demnach besitzt die GBL seit gestern die Möglichkeit, den Börsengang ihrer Anteile zu verlangen, sie hat bislang jedoch keinen Gebrauch davon gemacht.

Für die Bertelsmann-Aufsichtsrätin Liz Mohn ist es von "untergeordneter Bedeutung", "ob die Bertelsmann-Aktie an der Börse notiert ist oder nicht". Dem GBL-Aktienpaket entsprechen 25,1 Prozent der Firmenanteile, jedoch lediglich 25 Prozent der Stimmrechte. Entscheidend sei, dass die Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft die Kontrolle über drei viertel der Firmenanteile behalte, erklärte Liz Mohn in einem Interview mit dem manager magazin. Die 64-Jährige Gattin von Reinhard Mohn (84), der 1947 die Leitung des Gütersloher Traditionsunternehmens von seinem Vater übernahm, ist neben ihrer Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Bertelsmann AG auch stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Bertelsmann Stiftung, der 57,6 Prozent der Bertelsmann-Anteile gehören. Die übrigen 17,3 Prozent hält die Familie Mohn. Stiftung und Familie lassen ihre Stimmrechte gemeinsam von der Bertelsmann Verwaltungsgesellschaft mbH ausüben, die über 75 Prozent der Stimmen im Medienkonzern verfügt. Die Vorsitzende der Gesellschafterversammlung und Geschäftsführerin der stimmgewaltigen Verwaltungsgesellschaft ist wiederum Liz Mohn.

Für Liz Mohn erscheint eine Dreiviertelmehrheit der Stimmen entscheidend, "um die Kontinuität der Unternehmenskultur zweifelsfrei zu sichern." Gewinne seien für die Bertelsmann-Eigner "wichtig, aber sie sind nicht das einzige Unternehmensziel", erklärte Mohn in dem Interview. In anderen Presseberichten wird anlässlich des Termins für den "listing request" erneut darüber spekuliert, dass Bertelsmann der GBL deren Anteile unmittelbar abkaufen will, um eine Börsennotierung zu verhindern. Die Bertelsmann AG sei bereit, der GBL bis zu vier Milliarden Euro für den 25,1-Prozent-Anteil zu bezahlen, meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) unter Berufung auf "gutinformierte Kreise". Intern taxiere Bertelsmann den Wert des Anteils auf 3,3 bis 3,6 Milliarden Euro. Mit der Drohung, Bertelsmann an die Börse zu bringen, könnte die GBL den Wert ihres Pakets in die Höhe treiben und Liz Mohn demonstriere via Interview Gelassenheit, interpretiert die Wirtschaftswoche die Vorgänge.

Obwohl Bertelsmann im abgelaufenen Quartal wie im vergangenen Geschäftsjahr Umsatzsteigerungen und eine "beeindruckende Profitabilität" (Liz Mohn) aufweisen konnte, will der Bertelsmann-Vorstand den Rückkauf der GBL-Anteile überwiegend fremdfinanzieren, meldet die FAZ. In einer Pressemitteilung betont Bertelsmann, man sei "darauf vorbereitet", die Beteiligung von GBL zu einem "angemessenen Preis" zurückzuerwerben. Auch bei einem solchen Rückkauf sei Bertelsmann weiter in der Lage, "in die Geschäfte investieren" zu können und seine finanzielle Solidität zu erhalten.

Da bei einer Kreditaufnahme um vier Milliarden Euro jedoch Bertelsmann wie seiner Fernsehtochter RTL eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit drohen, wurde mit dem Näherrücken der GBL-Option darüber spekuliert, dass Bertelsmann sich von Geschäftsfeldern trennen könnte, um den Aktienrückkauf zumindest teilweise zu finanzieren. Dabei steht ein Rückzug aus dem Musikgeschäft wieder im Mittelpunkt der Spekulationen. Es gelte inzwischen als sicher, dass Bertelsmann seinen Musikverlag BMG Music Publishing veräußere, will die FAZ erfahren haben. Mit dem geschätzten Verkaufserlös von mindestens 1,2 Milliarden Euro könnte zumindest ein Teil der Kredite getilgt werden. Entgegen anderslautender Spekulationen sei eine Veräußerung der 50-prozentigen Beteiligung an dem Musikproduktionsunternehmen Sony BMG derzeit kein Thema. (ssu)