Bertha Benz auf großer Fahrt

Heute vor genau 125 Jahren brach Bertha Benz zu einer Überlandfahrt von Mannheim nach Pforzheim auf. Das wäre heutzutage keine Besonderheit, damals aber gleich aus mehreren Gründen

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Stuttgart, 5. August 2013 – Heute vor genau 125 Jahren brach Bertha Benz zu einer Überlandfahrt von Mannheim nach Pforzheim auf. Das wäre heutzutage keine Besonderheit, damals aber gleich aus mehreren Gründen. Nicht nur das Autos eine absolute Ausnahme waren. Auch dass sich eine Frau solch eine Eigenmächtigkeit erlaubt hat, muss vor dem zeitgeschichtlichen Kontext gesehen werden. Nur so zur Erinnerung: Das allgemeine Frauenwahlrecht war noch rund 30 Jahre entfernt. Und erst acht Jahre später machten die ersten Frauen in Deutschland Abitur. Gleichberechtigung war in der damaligen Gesellschaft kaum ein Thema. Umso mehr ist es die Fahrt von Bertha Benz wert, hier gewürdigt zu werden.

1886 konstruierte Carl Benz sein erstes Motorfahrzeug, den dreirädrigen „Patent-Motorwagen“, der heute im Deutschen Museum in München steht. Doch die Menschen waren von dem pferdelosen Gefährt eher abgeschreckt, kaum einer kaufte ein Benz-Auto. Bis 1888 wurde der Patent-Motorwagen zum „Typ III“ weiterentwickelt. Der hatte immer noch drei Räder, sah aber mit seiner Kutschenoptik robuster als das Urmodell aus. Hier kam Bertha Benz ins Spiel: Die Tochter aus wohlhabendem Haus hatte mit ihrer Mitgift überhaupt erst die Autoentwicklung ermöglicht. Bertha galt als resolut, im Gegensatz zu ihrem oft zaghaften Gatten. Bestes Beispiel war die Fernfahrt am 5. August 1888: Ihrem Mann verriet Bertha nichts von dem Plan, gemeinsam mit den Söhnen Eugen und Richard von Mannheim nach Pforzheim zu fahren, ihrem Geburtsort.

Bertha Benz auf großer Fahrt (7 Bilder)

Nachgestellte Szene mit nicht ganz korrektem Wagen: Ob Bertha Benz bei der berühmten Fahrt selbst am Steuer saß, ist umstritten.

Die Strecke ist 106 Kilometer lang. Was heute ein Katzensprung ist, war damals ein Sprung ins Ungewisse. In aller Frühe schoben Bertha und ihre Söhne den Motorwagen außer Hörweite des Hauses, um den schlafenden Carl nicht zu wecken. Er fand erst beim Gang in die Küche einen Zettel mit der Reisemitteilung. Ob Bertha überhaupt am Steuer saß, ist bis heute umstritten. Auf jeden Fall legte sie bei Pannen mit Hand an. So wird eine verstopfte Benzinleitung mit der Hutnadel gereinigt. Den Treibstoff für den 2,5 PS starken Wagen, ein Leichtbenzin namens Ligroin, gab es damals nur in Apotheken. Deshalb wird die Stadt-Apotheke in Wiesloch zur ersten Tankstelle der Welt. Mehrere unterwegs aufgegebene Telegramme informierten Carl Benz über den Ablauf der Reise.

Drei Tage später fährt sie über eine andere Route zurück. Als Resultat der Fahrt bekam er viele Anregungen von seiner Frau zu hören, darunter bessere Bremsen statt der hölzernen Klötze. Auf sie ließ Bertha während der Fahrt Lederflicken aufnageln. Auch einen kleinen Gang regte sie an, ebenso wie eine bessere Beschilderung von Fernstraßen. Berthas gelungene Tour sorgte in den Medien für Furore und half tatsächlich beim Verkauf der Wagen ihres Mannes. 25 Exemplare des 2,70 Meter kurzen Patent-Motorwagens wurden gebaut. Bertha Benz stirbt im Alter von 95 Jahren hochbetagt im Jahr 1944 in Ladenburg. Der Wagen der Pforzheim-Tour ist heute im Besitz des Londoner Science Museum und kann derzeit im Benz-Museum in Ladenburg bei Mannheim besichtigt werden. (mfz)