Beschlossen: Bundesnetzagentur verlängert Nutzungsrechte für Mobilfunkfrequenzen

Die Bundesnetzagentur hat nun offiziell beschlossen, 2025 auslaufende Nutzungsrechte für Mobilfunkfrequenzen zu verlängern. 1&1 soll Zugang zu 800 MHz erhalten.

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Zwei Mobilfunkmasten unter blauem Himmel

(Bild: TPROduction/Shutterstock.com)

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Die geplante Verlängerung der Nutzungsrechte für Mobilfunkfrequenzen ist durch. Nachdem der Beirat der Bundesnetzagentur in seiner Sitzung am Montag seine Zustimmung gegeben hatte, steht dem Plan der Regulierungsbehörde nichts mehr im Weg. Damit werden die Nutzungsrechte der drei Mobilfunknetzbetreiber für Frequenzen in den Bereichen um 800 MHz, 1,8 GHz und 2,6 GHz um fünf Jahre bis 2030 verlängert.

Die nun verlängerten Nutzungsrechte wären Ende 2025 ausgelaufen. Die Verlängerung ist an weitere Ausbauauflagen geknüpft. "Wir verbessern die Mobilfunkversorgung für alle Verbraucherinnen und Verbraucher und fördern den Wettbewerb", sagt Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller und betont, dass die Versorgungsauflagen ambitioniert seien.

Die Bundesnetzagentur hatte bereits 2023 eine mögliche Verlängerung ins Spiel gebracht, anstatt die Rechte neu zu vergeben. Nach Ablauf der verlängerten Nutzungsrechte sollen die Frequenzen dann zusammen mit weiterem Spektrum neu vergeben werden. Bisher hatte die Regulierungsbehörde auslaufende Nutzungsrechte jeweils versteigert.

Den etablierten Netzbetreibern Telefónica (O2), Telekom und Vodafone erspart die Bundesnetzagentur damit zumindest eine teure Auktion: Bei der Vergabe der 5G-Frequenzen im Sommer 2019 legten die drei und Newcomer 1&1 zusammen 6,5 Milliarden Euro hin. Für 1&1 wiederum bedeutet die Verlängerung, dass das Unternehmen vorerst keine weiteren Frequenzen für sein Netz erwerben kann.

Damit 1&1 nicht völlig abgehängt wird, wurden die etablierten Netzbetreiber verpflichtet, mit dem Neuling über einen Zugang zu mindestens 2×5 MHz der begehrten Flächenfrequenzen bei 800 MHz zu verhandeln. 1&1 soll dort, wo das eigene Netz bereits ausgebaut ist, diese Frequenzen nutzen können, etwa um eine bessere Versorgung in Innenräumen sicherzustellen.

Die Behörde verknüpft die Verlängerung der Nutzungsrechte für die drei etablierten Netzbetreiber daran, dass 1&1 bis zum 1. Januar 2026 Zugang zu Spektrum im 800-MHz-Band erhält. Dabei ist es egal, wie und mit wem 1&1 letztlich einig wird – die Auflage gilt als erfüllt, wenn dem Newcomer das Spektrum überlassen wird.

Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, behält sich die Bundesnetzagentur vor, "die Mitnutzung gegenüber einem der Zuteilungsinhaber anzuordnen", wie es in der am Montag veröffentlichten Entscheidung heißt.

Nach demselben Muster ordnet die Bundesnetzagentur Verhandlungen über National Roaming an, um dem neuen Netzbetreiber schnellen Zugang zum Gesamtmarkt zu ermöglichen. Hier hat 1&1 sich bereits mit Vodafone auf einen Roaming-Vertrag verständigt. Nach Ansicht der Bundesnetzagentur ist Vodafone deshalb auch der natürliche Kandidat für erste Verhandlungen über 800-MHz-Frequenzen.

1&1 will nun schnell mit allen drei Netzbetreibern sprechen. "Um in den Verhandlungen für den Zugang zu den wichtigen Frequenzen unterhalb von 1 GHz keine Zeit zu verlieren, gehen wir unmittelbar auf Telekom, Vodafone und Telefónica zu", sagt CEO Ralph Dommermuth. "Wir sind zuversichtlich, dass dies gelingen wird und vertrauen auf faire Angebote sowie die Unterstützung der Bundesnetzagentur."

Die Verlängerung ist darüber hinaus an erweiterte Ausbauauflagen für die Netzbetreiber geknüpft. Bis 2030 müssen die Netze eine Bandbreite von 50 Megabit pro Sekunde auf 99,5 Prozent der Fläche Deutschlands ermöglichen, derzeit sind es nach Angaben der Netzbetreiber etwa 98 Prozent. Darüber hinaus sollen in jedem Land jeweils 99 Prozent der Haushalte in "dünn besiedelten Gemeinden" bis 2029 mit mindestens 100 Mbit/s versorgt werden.

100 Mbit/s soll es ab 2029 auch unterbrechungsfrei an allen Bundesstraßen geben, für Landstraßen und Binnenwasserstraßen sind es 50 Mbit/s. Ab 2030 müssen dann auch Kreisstraßen 50 Mbit/s erhalten. Zudem müssen die Netzbetreiber die Versorgung entlang der Bahnstrecken weiter ausbauen.

"Mit der Aussetzung der Versteigerung wird ein grundlegender Kurswechsel vollzogen, mit dem nun der konkrete Ausbau verbunden mit klaren Versorgungsauflagen, verbindlicher Kontrolle und dem Ziel einer flächendeckenden Netzabdeckung in den Mittelpunkt rückt", erklärt der Vorsitzende des Beirats, der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). "Mobilfunkversorgung immer, überall und für alle rückt in greifbare Nähe."

O2-Chef Markus Haas wertet die Frequenzverlängerung als "Gamechanger für Deutschland". "Damit ist die Grundlage für die beste digitale Versorgung für Menschen und Wirtschaft hierzulande gelegt." Vodafone-Deutschlandchef Marcel de Groot ist erleichtert, dass es nun keine teure Auktion gibt und dadurch mehr Geld ins Netz investiert werden könne. Klar sei aber auch, dass es sich um die "wohl härtesten Auflagen Europas" handele.

Nicht durchringen konnte sich die Bundesnetzagentur dazu, die Netzbetreiber zur Überlassung von Netzkapazitäten an Mobilfunk-Provider hart zu verpflichten – auch hier gibt es nur ein vergleichsweise weiches Verhandlungsgebot. Eine Diensteanbieterverpflichtung hatten das Bundeskartellamt, die Monopolkommission und die Fenstnetzbetreiber gefordert, um Bündeltarife mit Mobilfunk unter eigener Flagge anbieten zu können.

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) kritisiert die Frequenzverlängerung scharf. "Statt im Mobilfunk endlich wirksamen Wettbewerb zu schaffen, schützt die Bundesnetzagentur die Mobilfunk-Platzhirsche Telekom, Vodafone und Telefónica weiter vor unliebsamer Konkurrenz", sagt Sven Knapp, Leiter des Breko-Hauptstadtbüros. "Anstelle praktisch nutzloser 'Leitplanken' für das untaugliche Verhandlungsgebot hätte die Behörde eine Diensteanbieterverpflichtung einführen müssen."

1&1 steckt unterdessen schon seine Claims für eine künftige Auktion ab. Es dürfe "nicht außer Acht gelassen werden, dass die Verlängerung großer Frequenzmengen einer einseitigen Subventionierung unserer drei Wettbewerber gleichkommt", sagt Dommermuth. "Diese muss spätestens bei der nächsten Frequenzvergabe mit analogen Regeln für uns als vierten Netzbetreiber kompensiert werden, um nachhaltigen Wettbewerb auf Augenhöhe zu ermöglichen."

(vbr)