Bill Gates: Ein modulares Windows ist nicht möglich (Update)

Zum ersten Mal in den vier Jahren des Kartell-Prozesses gegen Microsoft betrat der Gründer des Konzerns den Zeugenstand.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1135 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Zum ersten Mal in den vier Jahren des Kartell-Prozesses gegen Microsoft betrat Bill Gates den Zeugenstand. Er nutzte die Gelegenheit, um das Gericht vor den Konsequenzen für sein Unternehmen zu warnen, die Sanktionen mit sich brächten. Eine modulare Aufteilung von Windows würde das Betriebssystem um zehn Jahre zurückwerfen, heißt es in US-amerikanischen Medien. Sollten sich die Bundesstaaten in dem Verfahren durchsetzen, müsse der Konzern Windows ganz vom Markt nehmen. Der Wert seines Unternehmens würde damit stark sinken.

Microsoft sei nicht in der Lage, ein Betriebssystem zu entwickeln, wie es von den Bundesstaaten gefordert werde. Es gebe fließende Grenzen zwischen der beanstandeten Middleware und dem eigentlichen Betriebssystem, beteuerte Gates. Darüber hinaus würden die Forderungen der neun klagenden US-Staaten nicht nur Microsoft, sondern der gesamten Computerindustrie schaden. Schließlich habe der Softwarekonzern eine zersplitterte Computerindustrie vereinigt, meinte Gates weiter. Darauf würden sich Unternehmen wie private Nutzer verlassen.

Ob Gates, der seine Zeugenaussage auf 163 Seiten schriftlich niedergelegt hatte, überhaupt vor Gericht aussagen würde, galt lange Zeit als ungewiss. Der Microsoft-Gründer hatte sich in Zeugenvernehmungen für den ersten Teil des Verfahrens als widerspenstig, ausweichend und haarspalterisch und mit schlechtem Gedächtnis gesegnet erwiesen –- was die Microsoft-Gegner mit Hilfe von in Auszügen vorgeführten Video-Aufzeichnungen vor Gericht geradezu genüsslich ausbreiteten. US-Medien berichten zudem, Gates soll das gesamte Verfahren als Angriff auf seine Persönlichkeit und seine Lebenswerk verstehen und in diesem Zusammenhang gelegentlich zu sehr emotionalen Ausbrüchen neigen.

Nach US-Medienberichten gab Gates allerdings gestern ein positives Bild als Zeuge ab: Gekleidet in einen –- für seine Verhältnisse ungewöhnlichen -- schlichten blauen Business-Anzug präsentierte der Microsoft-Chef einen Vortrag über die schädlichen Auswirkungen der von der Klägerseite geforderten Sanktionen und antwortete ruhig und konzentriert auf die Fragen des gegnerischen Anwalts. Die Klägerseite konnte nur einen kleinen Punktsieg verbuchen, als sie ein internes Gates-Memo präsentierte, in dem der Microsoft-Chef sein Entwicklerteam aufforderte, Microsofts Office-Software nicht kompatibel zu konkurrierenden Web-Browsern zu machen. Gates konterte, er wollte mit diesem Memo lediglich Entwicklungsarbeit stoppen, die nicht erfolgreich gewesen sei. Die Befragung des Microsoft-Gründers soll heute fortgesetzt werden.

Die aktuelle Runde im Kartellverfahren gegen Microsoft ging heute in die sechste Woche. Gates sagte als achter Zeuge der Verteidigung aus. Vorige Woche hatte Microsoft Pech mit seinen Entlastungszeugen Jerry Sanders, AMD-Chef, und dem Ökonomie-Professor Kevin Murphy. Die Kläger hatten es geschafft, die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen zu erschüttern. Umso mehr Hoffnungen legt der Softwareriese auf die Aussage seines Gründers. (anw)