Brandbrief an Musk: Breton wird "Missachtung der Meinungsfreiheit" vorgeworfen

Zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren das Schreiben von EU-Kommissar Breton an Musk vor dessen Trump-Interview: Er habe den DSA falsch ausgelegt.

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X-Symbol auf einem Smartphone. Das Smartphone liegt auf einer Mac--Notebook-Tastatur.

(Bild: sdx15/Shutterstock.com)

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Organisationen und Wissenschaftler zeigen sich in offenen Briefen besorgt über Äußerungen von EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton zu Elon Musks Gespräch mit US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump auf der Plattform X. "Ihr Schreiben spiegelt eine alarmierende Missachtung der Meinungsfreiheit wider", beklagen unter anderem die Denkfabriken The Future of Free Speech, TechFreedom, Institute H21, Justitia und Cepos (Center for Political Studies). "Er steht im Widerspruch zur Ausgestaltung des Digital Services Act (DSA) und tatsächlich zum Geist einer freien und lebendigen demokratischen Kultur." Eine solche Interpretation des europäischen Plattformgesetzes, heißt es weiter, werde den bürgerlichen Diskurs in der EU und weltweit "schädigen, nicht fördern".

Breton erinnerte in seinem umstrittenen Brief von Mitte August den X-Eigentümer Musk an seine Pflichten als Plattformbetreiber in der EU nach dem DSA. Der Tech-Mogul müsse dort nicht nur den freien Meinungsaustausch sicherstellen, sondern – gerade im Lichte der jüngsten Unruhen in Großbritannien – auch Maßnahmen gegen Desinformation und Hass ergreifen. Die Einmischung des Franzosen in den US-Vorwahlkampf sei "eher charakteristisch für eine autokratische Nation als für eine Demokratie", monieren die Think-Tanks nun. Besonders beunruhigend sei Bretons Verweis auf vage "schädliche Inhalte". Denn die Meinungsfreiheit könne nur unter strengen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Gerichte legten diese Vorgaben eng aus.

Den Bürgerrechtsorganisationen Access Now, Article 19 und Electronic Frontier Foundation (EFF) stößt laut einer gemeinsamen Erklärung besonders übel die Einschätzung Bretons auf, "dass ein Live-Interview mit einem der beiden wichtigsten Präsidentschaftskandidaten bei den US-Wahlen zu einem systemischen Risiko gemäß dem DSA" beitrage und spezifische Maßnahmen zu dessen Einhaltung erfordere. "Tatsächlich wirft Ihr Fokus auf ein bestimmtes Streaming-Ereignis Grundrechtsbedenken auf", lassen sie den Kommissar wissen. Meinungs- und Informationsfreiheit seien Kernprinzipien des DSA. Die Autoren betonen: "Selbst, wenn Sie Bedenken hinsichtlich dieses bestimmten Ereignisses haben, ist die Verbreitung von Informationen, die hochaktuell und für den öffentlichen Diskurs relevant sind, an sich kein systemisches Risiko".

Die Aktivisten fordern die EU-Kommission auf, sich bei der Durchsetzung des DSA "von Beweisen und nicht von politischen Gefühlen leiten zu lassen und hohe Standards beim Schutz der Grundrechte, einschließlich der Meinungs- und Informationsfreiheit, anzusetzen". Der DSA schreibe lediglich Maßnahmen vor, um illegale Inhalte zu entfernen. Die Brüsseler Regierungsinstitution sollte daher im Rahmen der systemischen Risikobewertung davon absehen, "generell inhaltsspezifische Beschränkungen zu verlangen". Der behördliche Warnbrief sei wohl "eher von politischen Motiven getrieben" gewesen als von einer "sorgfältigen Abwägung der Sachlage". Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, stärkte Breton dagegen jüngst den Rücken: Der DSA muss ihm zufolge "klipp und klar" durchgesetzt werden: "In der EU werden die Regeln vom Parlament gesetzt und nicht von Elon Musk."

(mma)