Bundesnetzagentur setzt erstmals Recht auf angemessene Internetversorgung durch

Zum ersten Mal hat die Bundesnetzagentur einen Anbieter verpflichtet, einem Verbraucher erschwinglichen Internetzugang zu schaffen.

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Baustelle eines Neubaugebiets in Barsinghausen bei Hannover, im Vordergrund ein kleiner Bagger und eine Rolle Glasfaserkabel.

Das "Recht auf schnelles Internet" ist technologieoffen. Das heißt, nicht zu jedem Ort muss eine Leitung verlegt werden.

(Bild: juerginho/Shutterstock.com)

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Die Bundesnetzagentur hat erstmals einen Anbieter verpflichtet, einen Haushalt mit angemessenen Internet- und Telefondiensten zu versorgen. Der Anbieter muss einem Verbraucher in Niedersachsen einen Internetanschluss von mindestens 10 MBit/s im Download und mindestens 1,7 MBit/s im Upload schaffen. Die Latenz für die einfache Signalstrecke darf dabei 150 Millisekunden nicht überschreiten. Der Anbieter muss dafür einen erschwinglichen Preis verlangen, dieser liegt nach Berechnungen der Bundesnetzagentur bei monatlich 30 Euro.

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Um welchen Anbieter es sich konkret handelt, teilte die Bundesnetzagentur auf Anfrage von heise online nicht mit. Dem stünden juristische Gründe entgegen. Wie der Anbieter den Internetzugang herstellt, stehe in seinem Ermessen. Er habe maximal drei Monate Zeit, um zunächst damit zu beginnen, die Voraussetzungen für den Anschluss zu schaffen und weitere drei weitere Monate, um dann die konkrete Versorgung des Haushalts herzustellen.

Der Niedersachse hatte sich bei der Regulierungsbehörde beschwert, weil dessen entlegener Wohnort nur zu einem zu hohen Preis mit einer Internetverbindung versorgt werden konnte. Die Bundesnetzagentur stellte daraufhin eine Unterversorgung fest, wie sie es selbst formuliert. Dazu gehöre auch, dass Telekommunikationsdienste zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden. Momentan prüft die Bundesnetzagentur nach eigenen Angaben rund 130 weitere derartige Beschwerden. Insgesamt gelten in Deutschland schätzungsweise 400.000 Haushalte als unterversorgt.

Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller bezeichnete diese erste Verpflichtung eines Anbieters als Pilotverfahren. "Jeder hat das Recht auf eine angemessene Versorgung." Dieses Recht werde jetzt durchgesetzt; allerdings kann der verpflichtete Anbieter die Entscheidung der Agentur noch gerichtlich prüfen lassen. Die in einer Verordnung aus dem Juni 2022 geltenden Werte für eine Mindestversorgung würden momentan überprüft und sollen gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem Digitalministerium und dem Digitalausschuss des Bundestages angepasst. Voraussichtlich im kommenden Herbst könnten die Mindestwerte steigen, im Download dann wohl auf mindestens 15 MBit/s.

Das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten gilt seit Dezember 2021, seitdem gilt das neue Telekommunikationsgesetz. Im August 2022 veröffentlichte die Bundesnetzagentur Grundsätze, mit denen zum Angebot des erweiterten Universaldiensts verpflichtete Provider die Kosten für bislang nicht versorgte Verbraucher ermitteln können sollen. Unklar war zu dem Zeitpunkt noch, wie viel letztlich ein Anschluss kosten darf.

Im aktuellen Fall hat die Bundesnetzagentur nach der Verbraucherbeschwerde allen am Markt tätigen Telekommunikationsanbieter aufgefordert, innerhalb eines Monats eine Mindestversorgung anzubieten. Nachdem sich kein Unternehmen bereit erklärt hatte, freiwillig nachzubessern, kam es zu einem Verpflichtungsverfahren. Dabei hörte die Agentur mehrere Unternehmen an, die an dem niedersächsischen Ort bereits Infrastruktur betreiben. Darunter waren sowohl Betreiber von leitungsgebundenen Netzen als auch Anbieter für Internet per Mobilfunk oder Satellit. Der Rechtsanspruch bezieht sich nicht explizit auf eine bestimmte Technik.

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"Ausschlaggebend für die Auswahl des Anbieters war, welches Unternehmen am besten geeignet ist, den Petenten zu versorgen", erläuterte die Bundesnetzagentur gegenüber heise online. "Dabei wird insbesondere berücksichtigt, ob ein Unternehmen bereits geeignete Telekommunikationsnetze in der Nähe der betreffenden Anschlüsse betreibt und die Versorgung mit Telekommunikationsdiensten nach § 157 II TKG auf kosteneffiziente Weise erbringen kann."

(anw)