Bundesregierung hat Bedenken gegen Werbeverbot für ARD und ZDF

Eine Beschränkung auf eine Gebührenfinanzierung könne zwar das "öffentlich-rechtliche Profil" schärfen, meint Medienstaatsminister Bernd Neumann, doch ARD und ZDF dürften nicht von großen Sportereignissen ausgeschlossen werden.

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Die Bundesregierung sieht ein Werbeverbot für ARD und ZDF mit Chancen und Risiken behaftet. Eine weitgehende Beschränkung auf die bestehende Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender könne zwar zur Schärfung deren Profils beitragen, schreibt Medienstaatsminister Bernd Neumann in seiner heise online vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion. "Dabei ist allerdings zu gewährleisten, dass ein möglicher Verzicht auf Sponsoring nicht zu einem Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von Übertragungen bedeutender Sportereignisse führt." Mit dieser Werbeform, weiß der CDU-Politiker, seien Events wie Olympiaden oder Meisterschaften eng verbunden.

Zuvor hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) den Vorschlag gemacht, die öffentlich-rechtlichen Sender werbefrei zu halten und ihnen im Gegenzug den unregulierten Ausbau ihrer Internetaktivitäten zuzugestehen. Ausnahmen schwebten ihm etwa bei der Übertragung von WM-Endspielen vor. Unterstützung erhielt Oettinger von EU-Medienkommissarin Viviane Reding. Die Luxemburgerin plädierte aber für einen freiwilligen Verzicht auf Werbung. Frankreich hat derweil Nägel mit Köpfen gemacht: Das Parlament hat dort Mitte Dezember ein Werbeverbot für die Öffentlich-Rechtlichen gebilligt.

Neumann verteidigte zugleich die umstrittenen Regeln für die Ausdehnung von ARD und ZDF ins Internet im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom Oktober. Diese entsprächen den Auflagen der EU-Kommission für staatliche Unterstützung öffentlich-rechtlicher Sender gemäß dem Beihilferecht. Berücksichtigt würden die ausgehandelten drei Kompromisspunkte, wonach eine Prüfung und Konkretisierung des Auftrags für Telemedien und digitale Zusatzangebote genauso zu erfolgen habe wie die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der staatlichen Finanzierung sowie der kommerziellen Tätigkeiten der gebührenfinanzierten Rundfunkanstalten. Diese würden damit aber auch im Einverständnis mit Brüssel nicht daran gehindert, "Vorschläge für neue Medienangebote" zu unterbreiten. Bei solchen Ausweitungen müsse nur durch die Länder sicher gestellt werden, dass diese Initiativen "vom öffentlich-rechtlichen Auftrag erfasst sind" und keine ungebührlichen Wettbewerbsauswirkungen haben könnten.

Dass hierzulande die Rundfunkräte über die Wahrung der Interessen des Allgemeinwohls digitaler Angebote entscheiden, ist laut Neumann mit den EU-Vorgaben vereinbar. Es handle sich um "pluralistisch zusammengesetzte Gremien mit Mitgliedern aus gesellschaftlich relevanten Gruppen". Diese würden nicht allein die Interessen von ARD und ZDF vertreten und seien nicht weisungsgebunden. Mehraufwand durch die Durchführung des "Dreistufentests" solle durch die Bereitstellung zusätzlicher Mittel durch die Rundfunkanstalten getragen werden. Modelle wie in Großbritannien, wo zusätzlich die Regulierungsbehörde Ofcom (Office of Communications) die Anforderungen an die BBC zur Sicherung der Vielfalt kreativer Inhalte prüft, seien "nur eingeschränkt auf das Kontrollsystem in Deutschland übertragbar".

Auch eine Vereinheitlichung der Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk mit der Kontrolle der übrigen Medien und der Regulierung des Telekommunikationsmarktes betrachtet die Bundesregierung noch skeptisch. So hätten Erfahrungen aus anderen Ländern mit zentralisierten Ansätzen gezeigt, dass auch dort aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Unterschiede der Märkte getrennte Abteilungen für einzelne Kontrollbereiche nötig seien. Die Folgen der "Konvergenzentwicklung" im Bereich der Übertragungswege rufe beim Zusammentreffen ehemals getrennter Geschäftsfelder von TK-Firmen, Verlagen und Rundfunkanbietern und der Entwicklung neuer Angebotsformen aber auch auf der Regulierungsseite nach "neuen Formen der Kooperation". Im Vordergrund dabei müsse eine Einigung über Regelungsziele und deren Abstufung sowie ein abgestuftes Verfahren für das weitere Vorgehen sein, wie dies etwa bei der Novelle des Jugendschutzes der Fall gewesen sei.

Kritisch beäugt Neumann weiter die laufende Überarbeitung der Rundfunkmitteilung der EU. So seien die von der Kommission ins Auge gefassten Kriterien zur Prüfung der Auswirkungen neuer und veränderter digitaler Angebote auf den Markt rein wirtschaftlicher Natur. Diese bedürften einer Ergänzung um "publizistische" Messgrößen. Einer zusätzlichen Beschwerdestelle zur Aufdeckung wettbewerbsschädlicher Praktiken der Öffentlich-Rechtlichen bedürfe es nicht. (Stefan Krempl) / (pmz)