Bundesrichter ordnet Stilllegung von X in Brasilien an

Der monatelange Streit zwischen X und einem streitbaren Richter eskaliert. Jetzt wird die in Brasilien populäre Nachrichtenplattform gesperrt.

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X-Logo und Musks Gesicht

(Bild: Angga Budhiyanto/Shutterstock.com)

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Nico Ernst
  • mit Material der dpa

Im Streit um die Ernennung eines Rechtsvertreters der Nachrichtenplattform X hat ein Bundesrichter in Brasilien die Sperrung des Onlinedienstes angeordnet. Die Nationale Telekommunikationsbehörde solle die Stilllegung von X in dem südamerikanischen Land innerhalb von 24 Stunden umsetzen, ordnete Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Bundesgericht an.

Moraes traf die Entscheidung, nachdem die Nachrichtenplattform seiner Aufforderung nicht nachgekommen war, einen gesetzlichen Vertreter in Brasilien zu ernennen. X hatte sein Büro Mitte des Monats mit der Begründung geschlossen, es befürchte die Festnahme der damaligen Repräsentantin. Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof von X die Sperrung von Konten rechtsgerichteter Aktivisten verlangt, die Verschwörungserzählungen und Falschinformationen verbreiteten. Die Nachrichtenplattform kam der Aufforderung nicht nach und zahlte auch die verhängte Geldstrafe nicht.

X-Eigentümer Elon Musk hatte in den vergangenen Tagen immer wieder gegen Bundesrichter Moraes gewettert und ihm Zensur vorgeworfen. "Alexandre de Moraes ist ein böser Diktator, der sich als Richter verkleidet", schrieb er auf X. Musk versteht sich als Verteidiger der freien Rede. Allerdings wurde sein Netzwerk zuletzt in Brasilien auch zur Mobilisierung für demokratiefeindliche Aktionen genutzt. Sogenannte digitale Milizen aus dem Umfeld des rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro verbreiten in den sozialen Netzwerken Fake News und Hassreden.

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Musks Angewohnheit, sich nur selektiv an rechtliche Vorgaben in einzelnen Ländern halten zu wollen, ist auch Thema der aktuellen Ausgabe unseres Podcasts "Haken dran". Darin diskutieren Gavin Karlmeier und c't-Chefredakteur Torsten Beeck neben der bevorstehenden Sperre von X in Brasilien auch die Situation des Telegram-Gründers Pawel Durow, der in Frankreich festgesetzt wurde.

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Der Richter verfügte am Freitag zunächst auch, dass Nutzern, die die Sperre mit technischen Lösungen wie VPN-Diensten umgehen, eine Strafe von 50.000 brasilianischen Real (rund 8.000 Euro) pro Tag droht. Wenige Stunden später wurde dies nach Kritik wieder zurückgenommen. VPN-Tunnel können es so aussehen lassen als wäre ein Nutzer in einem anderen Land. Sie sind ein gängiges Mittel, um Online-Sperren zu umgehen. Auch die anfängliche Anweisung an Google und Apple, die X-App binnen fünf Tagen aus ihren Download-Stores zu entfernen und ihre Nutzung zu blockieren, wurde aufgehoben. Dadurch sollten "Unannehmlichkeiten für andere Unternehmen" vermieden werden, begründete Moraes.

Da die Werbeerlöse im Heimatmarkt USA nach dem Rechtsruck derPlattform unter Musk sinken, sind Auslandsmärkte wie Brasilien mit mehr als 200 Millionen Einwohnern für die Finanzen von X wichtiger geworden. Medienberichten zufolge kommt X in dem lateinamerikanischen Land auf rund 20 Millionen Nutzer.

(nie)