Internet-Reseller müssen Glücksspiele nicht sperren

Provider ohne eigene Netzinfrastruktur können laut dem obersten Verwaltungsgericht nicht verpflichtet werden, den Zugang zu Glücksspielseiten zu blockieren.

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Zwei Hände halte ein Smartphone, auf dessen Bildschirm Spielkarten und ein Rouletterad zu sehen sind. Um das Handy herum schweben Spielewürfel und Casinojetons

Symbolbild Online-Glücksspiel

(Bild: Marko Aliaksandr/Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.

Juristischer Rückschlag für die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GLG) im Kampf gegen in Deutschland nicht erlaubte Lotterien und andere Gewinnspiele im Internet: Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch entschieden, dass zumindest Internetzugangsvermittler ohne eigene Netzinfrastruktur den Zugriff auf solche Seiten nicht sperren müssen. Die Revision der in Halle ansässigen Glücksspielbehörde gegen ein entsprechendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz vom April 2024 blieb damit erfolglos.

Die GLG trug einem Internetprovider im Oktober 2022 auf, Webseiten bestimmter Firmen aus Malta zu sperren. Dagegen klagte der Provider, der über keine eigene Netzinfrastruktur verfügt. Er verkaufe die von Telekommunikationsnetzbetreibern erbrachten Vorleistungen an seine Endkunden weiter ("Reseller"), erläuterte das OVG in Koblenz im vorausgegangenen Urteil.

Kläger soll das rheinland-pfälzische Unternehmen 1&1 sein. Es tritt seit 2007 als Komplettanbieter von Telefon- und Internet-Anschlüssen auf. Dabei setzt es auf die Netze der Deutschen Telekom sowie Infrastruktur von Telefónica, QSC und Vodafone.

Die in der Auseinandersetzung beigeladenen maltesischen Unternehmen bieten im Internet "SlotGames" sowie Lotteriewetten an, die in Deutschland illegal sind. Wegen dieser Glücksspielangebote ergingen bereits gegen deren Rechtsvorgänger von deutschen Behörden seit 2014 mehrere Untersagungsverfügungen. Diese wurden auch den neuen Betreibern übermittelt. Die Glücksspielangebote sind in vergleichbarer Form trotzdem weiterhin von Deutschland aus erreichbar. Die Glücksspielbehörde ordnete daher gegenüber der Klägerin an, im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten als Zugangsvermittler diese Webseiten zu sperren.

Der betroffene Provider wehrte sich dagegen erfolgreich sowohl im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sowie im späteren Hauptsacheverfahren vor den niederen Instanzen. Die Glücksspielbehörde hatte Zugangsanbietern mit massiven Bußgeldern gedroht.

Die Crux für die Anordnung des Amtes ist Paragraph 9 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) von 2021, wie das oberste deutsche Verwaltungsgericht (Az.: BVerwG 8 C 3.24) bestätigt. Denn dieser verweist bei Websperren allein auf die Verantwortlichkeit von Providern nach Paragraph 8 Telemediengesetz (TMG).

Laut den darin festgeschriebenen Haftungsprivilegien sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie die Übermittlung nicht veranlasst oder den Adressaten der transferierten Informationen nicht ausgewählt haben. Die Freistellung greift ferner, wenn die Anbieter die übermittelten Daten nicht ausgewählt oder verändert haben.

Das TMG ist seit dem 14. Mai 2024 nicht mehr in Kraft. Der Gesetzgeber hat es teilweise im Rahmen der Durchführung des Digital Services Act (DSA) der EU ins Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) überführt. Die zwischenzeitliche Aufhebung des Telemediengesetzes ändere aber nichts an der Anwendbarkeit des früheren Haftungsregimes, betont das Bundesverwaltungsgericht. Denn die Verweisung beziehe sich auf die bei Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags geltende Fassung von Paragraph 8 TMG.

Nach Paragraph 9 GlüStV dürften Sperranordnungen ausdrücklich nur gegen Diensteanbieter gerichtet werden, die im Sinne der Haftungsparagraphen aus dem Telemediengesetz verantwortlich seien, erläutern die Leipziger Richter. Für Zugangsvermittler sei – anders als etwa für Netzbetreiber – Paragraph 8 TMG einschlägig. Die Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrags zeige, dass die Länder auf das im TMG normierte System abgestufter Verantwortlichkeit verschiedener Arten von Diensteanbietern zurückgreifen wollten. Der Zweck der Vorschrift rechtfertige keine Auslegung gegen den Wortlaut.

Auch EU-Recht steht der Anwendung der Verweisung auf Paragraph 8 TMG nicht entgegen, hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt. Nach dieser Regelung sei die Klägerin nicht verantwortlich. Weder veranlasse sie die Übermittlung der Glücksspielinhalte, noch wähle sie diese oder deren Adressaten aus. Es gebe auch kein abgesprochenes Zusammenwirken zwischen ihr und den Betreibern der Glücksspielseiten. Andere Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass einer Sperranordnung stünden wegen des speziellen, abschließenden Charakters von Paragraph 9 GlüStV nicht zur Verfügung.

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(wpl)