CCC & Co. fordern Verbot von Tracking und personalisierter Werbung

Für den CCC und andere zivilgesellschaftliche Stimmen ist "Überwachungswerbung" ein "gefährlicher Manipulationsmechanismus, der nicht normalisiert werden darf".

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Zwei Hände halten Smartphone, im Vordergrund Linien als Symbol für soziale Verbindungen

(Bild: issaro prakalung/Shutterstock.com)

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Personalisierte Werbung mit Tracking, Profilbildung oder Verhaltensanalysen soll in der EU untersagt werden. Für ein solches Verbot machen sich der Chaos Computer Club (CCC), Wikimedia, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Germanwatch und das Konzeptwerk Neue Ökonomie in einem am Mittwoch veröffentlichten Positionspapier stark. Gezielte Reklame sei "ein gefährlicher Manipulationsmechanismus, der nicht normalisiert werden darf", betonen sie. Dies schade dem Einzelnen und der Gesellschaft als Ganzes. Die Fairness gegenüber den Nutzern und deren Grundrechte dürften durch solche "Überwachungswerbung" nicht länger ausgehebelt werden.

"Wenn sich digitale Angebote fast ausschließlich über personalisierte Werbung finanzieren, birgt das erhebliche Gefahren für die Demokratie, den sozialen Zusammenhalt, die informationelle Selbstbestimmung, das Klima und die nationale Sicherheit", argumentieren die zivilgesellschaftlichen Organisationen (NGOs). Wer digitale Werbeflächen bereitstelle, lasse aktuell in der Regel anhand detaillierter Informationen das Verhalten einzelner Nutzer abschätzen. Ziel der Ausforschung sei es, Werbetreibenden eine passgenaue Vermarktung anzubieten.

Die benötigten personenbezogenen Informationen würden meist über Webseiten, Apps und sonstige Online-Angebote auch über verschiedene Geräte und lange Zeiträume hinweg gesammelt und als Basis für die Versteigerung von Werbeplätzen in Echtzeit genutzt, heißt es weiter. Datenhändler verkaufen die zusammengetragenen Angaben inklusive Standortdaten, womit sich Handy-Nutzer und so auch Stützpunkte von US-Militär und NATO hierzulande ausspähen lassen.

Eine Metastudie hat den NGOs zufolge gezeigt, dass Tracking-basierte Werbung über die Nutzung digitaler Medien mit gesellschaftlicher Polarisierung und dem Verlust von Vertrauen in Institutionen einhergehe. Über Zielgruppen wie "deutsches Militär", "Richterin" oder "Politiker" könnten gezielt Entscheider verfolgt und manipuliert werden, was ein zusätzliches Sicherheitsrisiko darstelle. Nutzer seien nicht imstande nachzuvollziehen, wo ihre Daten erfasst, gespeichert und ausgewertet werden, während einige Tech-Konzerne den Markt dominierten. Nicht zuletzt verursache die Datenjagd einen wesentlichen Teil des rasant steigenden Energieverbrauchs übers Internet.

Eine fraktionsübergreifende Koalition, Bürgerrechtler sowie Teile des Mittelstands drängten bereits bei der Debatte über den Digital Services Act (DSA) auf ein weitgehendes Verbot von "spionierender Werbung". Letztlich langte es aber nur für ein Aus von gezielter Reklame, die sich an Minderjährige wendet. Auf großen Plattformen dürfen zudem sensible Daten etwa zur sexuellen Orientierung, Religion und ethnischer Zugehörigkeit nicht für personalisierte Werbung genutzt werden.

Die EU-Kommission monierte jüngst in einem Bericht zur "digitalen Fairness", mithilfe von Targeting versuchten Marketer, "aus persönlichen Problemen, finanziellen Schwierigkeiten oder einem labilen psychischen Zustand Kapital" zu schlagen. Ein "Digital Fairness Act" soll dem künftig entgegenwirken. Laut CCC & Co. ein guter Aufhänger, um das geforderte Verbot umzusetzen.

(mack)