CO2-Emission bei Videostreaming & Co.

Forscher bewerten die Umweltfreundlichkeit von Rechenzentren und stellen fest, dass Notebooks in Videokonferenzen mehr Treibhausgase erzeugen als Rechenzentren.

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Klimwandel, Kohlendioxid, Abgase, Abgas, CO2

(Bild: FrankundFrei at Pixbay)

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Rechenzentren schießen wie Pilze aus dem Boden. Die Herstellung der darin betriebenen Hardware verbraucht Ressourcen, und die Server, Speichersysteme und Netzwerkgeräte verschlingen Strom. Die Umweltfreundlichkeit unterschiedlicher Cloudanbieter lässt sich nicht transparent vergleichen, weil keine standardisierten Messverfahren zum Einsatz kommen.

Es gibt zwar Ansätze wie schon seit zehn Jahren den "Blauen Engel" als Zertifikat für Rechenzentren, aber er wird nur von sehr wenigen Clouddienstleistern genutzt. Der Branchenverband Bitkom kritisiert die Vorgaben des "Blauen Engel" als praxisfern und schwer umsetzbar.

An diesem Punkt setzt die Studie "Green Cloud Computing: Lebenszyklusbasierte Datenerhebung zu Umweltwirkungen des Cloud Computing" an, die das Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht hat. Ein Forscherteam vom Öko-Institut und vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM Berlin) stellt darin Methoden vor, um die Umweltbelastung durch gängige Clouddienste zu erfassen. Laut den Experten sollen sich ihre "Key Performance Indicators for Data Centre Efficiency" (KPI4DCE) in der Praxis mit vertretbarem Aufwand erfassen beziehungsweise messen lassen.

Das Forscherteam hat seine Methode auch in vier verschiedenen Rechenzentren praktisch getestet, und zwar fĂĽr die Dienste Videostreaming, Videokonferenz, Onlinespeicher und die Bereitstellung virtueller Desktops (Virtual Desktop Infrastructure, VDI).

Die vier KPI4DCE-Kennzahlen sind jeweils auf die Nutzungs- oder Lebensdauer der Dienste und Geräte bezogen und beschreiben die Emission von Treibhausgasen (Greenhouse Warming Potential/GWP in CO2-Äquivalenten), den Wasserbedarf, die eingesetzte Primärenergie (Cumulative Energy Demand/CED in Megajoule) sowie den Rohstoffverbrauch (Abiotic Depletion Potential/ADP).

Letzterer erfasst, wie viele Mineralien (etwa Erze für Metall und Halbleiterchips) und fossile Rohstoffe für die Produktion der IT-Geräte nötig waren und verwendet die für Nichtfachleute seltsame Einheit "Kilogramm Antimon-Äquivalente". Bei der Schätzung des Ressourcenbedarfs zur Herstellung von Servern und Speichersystemen wenden die Forscher eine Methode an, die sich auf andere Geräte übertragen lassen soll. Hier fehlen allerdings genauere Daten oft.

Das Forscherteam fand große Unterschiede im Energie- und Ressourcenbedarf der vier untersuchten Rechenzentren. Doch bezogen auf die exemplarisch genutzten Dienste zeigte sich, dass die Rechenzentren allesamt nur geringe Anteile an den Treibhausgasemissionen (GWP) haben. In den meisten Szenarien hat schon der für die Internetanbindung der Nutzer verwendete (DSL-)Router einen größeren Anteil, der Löwenanteil entfällt auf das jeweils verwendete Endgerät.

Nutzt man etwa ein Notebook (ohne externen Monitor) für eine Videokonferenz, entfallen nur 4 Prozent des GWP auf das Rechenzentrum, aber 82 Prozent aufs Notebook und 13 Prozent auf den Router. Kommt ein Desktop-PC mit separatem Monitor zum Einsatz, beträgt der (absolut identische) Anteil des Rechenzentrums weniger als 3 Prozent. Pro zugeschaltetem Notebook verursacht die Videokonferenz etwa 55 Gramm CO2-Emissionen pro Stunde – ähnlich viel wie ein Pkw mit Verbrennungsmotor ausstößt, wenn er 300 Meter weit fährt. Die Ökobilanz der Videokonferenz lässt sich durch Ökostrom noch um rund 25 Prozent verbessern.

Ein Forscherteam von Öko-Institut und Fraunhofer IZM schlüsselt die Treibhausgasemissionen auf, die bei einer Videokonferenz anfallen. Der größte Anteil entfällt auf die von den Nutzern verwendeten Endgeräte, in diesem Fall ein Notebook. Die Daten sind in „Gramm CO2-Äquivalenten pro Stunde“ angegeben. (Daten: Öko-Institut, Fraunhofer IZM, UBA)

Die Umweltbelastung durch Rechenzentren lässt sich durch regenerative Energie ebenfalls reduzieren, aber etwa auch durch den Einsatz sparsamer und langlebiger Server und Speichersysteme. Bisher haben Cloudnutzer jedoch keine Chance, die Umweltfreundlichkeit eines Dienstleisters zu erkennen, um den ökologischsten zu wählen.

Deshalb sind jetzt die Betreiber von Rechenzentren am Zug: Wenn sie es ernst meinen mit dem Klimaschutz, müssen sie transparent vergleichbare Zahlen veröffentlichen wie die des Green-Cloud-Computing-(GCC-)Index, den die UBA-Studie skizziert.

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(ciw)