Chip-Standort Deutschland: Dresden hui, München pfui

Am Halbleiter-Standort Deutschland trennt sich derzeit die Spreu vom Weizen.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Am Halbleiter-Standort Deutschland trennt sich derzeit die Spreu vom Weizen. Vor zwei Wochen eröffnete der US- Chipspezialist AMD sein zweites Werk in Dresden. Die Amerikaner denken zudem schon über eine dritte Fertigungsstätte in der sächsischen Hauptstadt nach. Tristesse herrscht dagegen in München. Europas größter Chipkonzern Infineon will das Werk an seinem Stammsitz an der Isar in gut einem Jahr komplett schließen. Wegen eines Streiks der IG Metall ruht die Produktion derzeit weitgehend. Zwar gingen IG Metall und Infineon am Mittwoch aufeinander zu, an der Schließung des Werks wird sich aber nichts mehr ändern – auch die IG Metall will lediglich bessere Bedingungen für die Beschäftigten nach Ende der Produktion herausholen.

Die AMD-Investition in Dresden, aber auch das benachbarte, hochmoderne Infineon-Werk Dresden zeigen, dass Hightech-Produktion in Deutschland durchaus noch möglich ist. "Deutschland ist ein attraktiver Standort für Investitionen in Spitzentechnologien", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der Eröffnung der AMD-Fertigung. In den neuen Bundesländern kommen oft etwas niedrigere Tarife, flexiblere Arbeitszeiten und Investitionsförderungen hinzu.

Die große Diskrepanz zwischen dem blühenden Standort Dresden und den Problemen in München liegt nach Einschätzung von Infineon-Manager Reinhard Ploss aber nicht primär an den Standortbedingungen. Auch bei einem Lohnverzicht oder längeren Arbeitszeiten hätte München-Perlach nach seiner Einschätzung keine Zukunft gehabt. "Wenn die Lohnkosten substanziell billiger gewesen wären, hätten uns das vielleicht nur ein Jahr mehr gebracht."

Einig sind sich Infineon und AMD, dass Produktion in Deutschland nur auf höchstem technologischem Niveau möglich ist. "Ich habe lieber einen gut ausgebildeten Ingenieur als zehn Lohnempfänger", sagt ein Chip-Manager. Auch AMD-Chef Ruiz betonte, die Lohnkosten machten in der Chipindustrie ohnehin nur etwa zehn Prozent aus, erst recht im Highend-Bereich. Viel wichtiger sei ihm daher neben der aktuellsten Fertigungstechnik bei der Standortwahl das Know-how der Mitarbeiter gewesen; und hier hat sich Dresden inzwischen zu einem international hoch anerkannten Standort entwickelt.

AMD betreibt in Dresden auch ein Entwicklungszentrum, Infineon will eines errichten. Zudem arbeiten beide Konzerne in einem gemeinsamen Maskenhaus zusammen, jüngst wurde ein Zentrum für Nanotechnologie gegründet. Insgesamt sind in Dresden und Umgebung 760 Unternehmen in der Mikroelektronik sowie der Informations- und Kommunikationstechnik angesiedelt. In der Folge sind hier auch viele hoch qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Der relativ kleine und kaum erweiterbare Standort München hat da den Anschluss verpasst. Hier ist bei Infineon der Anteil der Lohnempfänger ungewöhnlich hoch. In dem Werk in München-Perlach werden auf veralteten Anlagen Logik-Chips für die Telekommunikation produziert, die ebenfalls nicht mehr neuester Stand der Technik sind. "Die Aufgabenstellung der Fabrik ist nicht mehr gegeben", sagt Ploss. Auch einige der Streikenden vor den Werkstoren räumen ein, dass der Standort wohl nicht zu halten ist. (Axel Höpner, dpa) / (jk)