Christoph Mohn im Bertelsmann-Aufsichtsrat: Die Macht der Eigner wächst

Nach dem Rückkauf eines Aktienpakets zur Abwehr eines Börsengangs kommt nun der Christoph, Sohn des Firmenpatriarchen und Vorstandsvorsitzender des bisher nicht gerade erfolgsverwöhnten Internetportals Lycos Europe, in den Aufsichtsrat.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Michael Donhauser
  • dpa

Blut ist dicker als Wasser. Der alte Grundsatz, der die besondere Bedeutung verwandschaftlicher Bande unterstreichen soll, trifft auf die Gütersloher Unternehmerfamilie Mohn besonders zu. Seit 2002 bauen Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn (85) und seine zweite Ehefrau Liz (65) den Einfluss der Eignerfamilie auf ihren Konzern stetig aus. Nicht die harten Gesetzmäßigkeiten der Börse sollen bei Bertelsmann regieren, sondern Mohns selbst verfasste Unternehmensphilosophie, in der neben ökonomischen Aspekte Werte wie Menschlichkeit und partnerschaftlicher Umgang eine Rolle spielen.

Nach dem Rückkauf eines 4,5 Milliarden Euro schweren Aktienpakets vom belgischen Minderheitsaktionär Groupe Bruxelles Lambert (GBL) zur Abwehr eines Börsengangs im Sommer folgte nun der neueste Schachzug. Beider Sohn Christoph (41), Vorstandsvorsitzender des bisher nicht gerade erfolgsverwöhnten Internetportals Lycos Europe, wurde in den Aufsichtsrat der Bertelsmann AG berufen. Damit sind die Mohns bereits zu dritt in dem Kontrollgremium vertreten. In der mächtigen Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft (BVG), in der auch Mohn-Tochter Brigitte Mitglied ist, bestimmen gar vier Mohns über die Geschicke des größten Medienkonzerns Europas.

Ein Unternehmerleben lang hat Reinhard Mohn den Einfluss der Familie auf das von ihm maßgeblich geformte Unternehmen zu begrenzen versucht. Er selbst trat im Alter von 60 Jahren von der Spitze des Vorstands zurück, wechselte in den Aufsichtsrat und gab auch dort den Staffelstab schnell weiter. Mohn hasste Erbhöfe und sah die Weitergabe von Ämtern an Familienmitglieder geradezu als Hemmschuh für unternehmerischen Erfolg. Nicht den Namen, sondern die Eignung sah er als entscheidendes Kriterium für Aufgaben im Management, hieß es damals.

Vor vier Jahren – eine rasante Entwicklung im Mediengeschäft vor Augen und die Börsenpläne seines damaligen Vorstandsvorsitzenden Thomas Middelhoff im Kopf – kam die Wende. Mohn schasste Middelhoff und ersetzte ihn durch seinen Vertrauten, Gunter Thielen. Seine Ehefrau Liz machte er zur Sprecherin der Familie. Durch ein komplexes Geflecht verschaffte Mohn seinem Clan ein Höchstmaß an Einfluss – obwohl ein Viertel des Unternehmens inzwischen an einen belgischen Finanzspekulanten verkauft worden war. Statt Börsendaten gibt es bei Bertelsmann weiterhin Mitarbeiterbeteiligung, Arbeitsplatzgarantien und Firmenfeste, bei denen die Eigentümerin mit den Kindern ihrer Angestellten auf der Bühne tanzt.

Mit der Berufung von Sohn Christoph gelang bei Bertelsmann nun eine Gratwanderung. Die Unternehmerfähigkeiten des 41-Jährigen werden von vielen im Konzern als eher bescheiden eingestuft. Bei Lycos Europe läuft es alles andere als rund. Nur durch den Verkauf einer Beteiligung rutschte das Unternehmen im dritten Quartal nach Jahren der Verluste in die schwarzen Zahlen. Spekulationen, Mohn junior wolle bald in den Vorstand der AG aufrücken, wurden in Gütersloh mit Kopfschütteln quittiert. Mit dem Sitz im Aufsichtsrat dürften diese Ambitionen ad acta gelegt sein. Und das Know-how Mohns im für den Konzern immer wichtiger werdenden Geschäft im Internet ist dennoch gesichert. (Michael Donhauser, dpa) / (jk)