Computerspiele: EU-Verbraucherschützer beklagen Manipulation und Abzocke

Computerspiele-Konzerne täuschen Spieler – inklusive Kinder – absichtlich, damit die mehr Geld ausgeben. Diesen Vorwurf erheben Verbraucherschützer​.

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Junger Gamer mit Hoodie und Kopfhörern vor einem Computerbildschirm. Er spielt in einem abgedunkelten Raum mit lila Beleuchtung ein Videospiel.

(Bild: DisobeyArt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Rechtswidrige Methoden zur Abzocke von Computerspielern werfen europäische Verbraucherschützer großen Unternehmen vor. Laut einer Beschwerde bei EU-Behörden verstoßen Konzerne wie Activision Blizzard, Electronic Arts, Epic Games, Mojang Studios, Roblox, Supercell und Ubisoft gegen die Verbraucherschutzgesetze der EU. Diese Firmen stehen hinter beliebten Games wie Fortnite, EA Sports FC 24, Minecraft und Clash of Clans und sollen damit Spielern – inklusive Kindern und Jugendlichen – Geld aus der Tasche ziehen.

Absender der Beschwerde sind der europäische Dachverband der Verbraucherschutzorganisationen (Beuc) und 22 seiner Mitglieder aus 17 Ländern. Sie erklären gegenüber der EU-Kommission und dem Europäischen Netzwerk der Verbraucherschutzbehörden, wie die Computerspielbranche die Ausgaben ihrer Kunden durch Einsatz hochwertiger In-Game-Währungen maximiert. Die Beschwerde nennt konkrete Missstände und unsaubere Praktiken.

Verbraucher können demnach die tatsächlichen Kosten digitaler Gegenstände nicht überblicken, was zu übermäßigen Ausgaben führt. Die mangelnde Preistransparenz bei Premium-In-Game-Währungen und die Notwendigkeit, zusätzliches Spielgeld in Paketen zu kaufen, verleiteten die Nutzer dazu, mehr auszugeben als geplant. In-Game-Käufe sollten daher immer in "echtem Geld" wie Euro angezeigt werden, oder zumindest den Gegenwert in realer Währung darstellen.

Die Behauptung von Spielebetreibern, dass Spieler In-Game-Premiumwährungen bevorzugten, seien falsch. Beuc verweist dazu auf eine Studie aus dem Jahr 2021 über "unfaire, irreführende und aggressive Monetarisierungstechniken in digitalen Spielen". Viele Verbraucher empfänden diesen "unnötigen Schritt" als irreführend und kauften Artikel lieber direkt mit echtem Geld.

Nutzer würden beim Einsatz von In-Game-Währungen auch häufig ihrer Rechte beraubt: Sie sähen sich mit unlauteren Bedingungen konfrontiert, die Spieleentwickler bevorzugten. Kinder seien für solche manipulativen Taktiken noch anfälliger: Statistiken zeigten, dass der Nachwuchs in Europa durchschnittlich 39 Euro pro Monat für In-Game-Käufe ausgebe. Kinder spielten viel, verfügten aber nur "über begrenzte Finanzkompetenz" und ließen sich leicht von virtuellen Währungen beeinflussen.

"Computerspieler sollten sich nicht jedes Mal auf einen Taschenrechner verlassen müssen, wenn sie eine fundierte Entscheidung darüber treffen wollen, wie viel sie ausgeben möchten", betont Beuc-Generaldirektor Agustín Reyna. Spieleverleger seien sich der Verletzlichkeit von Kindern durchaus bewusst und verwendeten Tricks, "um jüngere Verbraucher zu höheren Ausgaben zu verleiten".

Beuc-Mitglieder haben "zahlreiche Fälle" identifiziert, in denen Spieler dazu verleitet worden seien, die Kohle quasi aus dem Fenster zu schmeißen. Die Regulierungsbehörden müssten daher handeln und klarstellen, "dass die Spielwelt zwar virtuell ist, aber dennoch den Vorschriften der realen Welt zu entsprechen hat". Die ausgemachten Probleme betreffen laut dem Verband auch Soziale Netze wie Tiktok und andere Marktplätze.

Laut einer Analyse des EU-Parlaments spielt mehr als die Hälfte der Bürger regelmäßig Computerspiele. In Deutschland sieht die Novelle des Jugendschutzgesetzes von 2021 vor, dass Einrichtungen der freiwilligen Selbstregulierung wie die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) oder zertifizierte Jugendschutzbeauftragte bei der Vergabe von Alterskennzeichen auch Zusatzfunktionen eines Spiels berücksichtigen müssen, nicht mehr nur den Inhalt. Insbesondere Kontaktmöglichkeiten, die zu Cybermobbing, Anmache und Missbrauch führen können, sollen bei Computerspielen künftig zu einer Freigabe erst für eine höhere Altersklasse führen. Dies gilt auch für Kostenfallen durch In-Game-Käufe und Lootboxen sowie "glücksspielsimulierende Elemente".

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(ds)