Cybercrime: Drei Viertel einer Umfrage zufolge betroffen - Ruf nach mehr Polizei

Laut einer Bitkom-Umfrage sind drei Viertel der Befragten bereits Opfer von Cyberkriminalität geworden. Viele wünschen sich einen stärkeren Einsatz der Polizei.

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Digitaler Angriff

(Bild: dpa, Jens Büttner/zb/dpa)

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Drei von vier Internetnutzerinnen und Internetnutzern (75 Prozent) waren im vergangenen Jahr von Cyberkriminalität betroffen. Die reicht dabei von Schadsoftware, über den Betrug beim Online-Shopping bis hin zu Beleidigungen in sozialen Netzwerken. Das geht aus einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom hervor.

Lediglich 22 Prozent der Befragten gaben demnach an, keine solchen Erfahrungen gemacht zu haben, 3 Prozent wollten dazu keine Angaben machen. Die repräsentative Umfrage im Auftrag von Bitkom wurde unter 1014 Personen ab 16 Jahren in Deutschland durchgeführt, die das Internet nutzen.

Spannend ist dabei die aktuelle Debatte rund um die Absicherung der gestiegenen Anzahl an Fällen. Denn die Umfrage fällt in eine Zeit, in der Versicherungsgesellschaften immer mehr Geld zur Regulierung von Schäden durch Cyberattacken ausgeben müssen. Entsprechende Verträge seien allerdings bald nicht mehr finanzierbar, warnte etwa der Vorstandsvorsitzende der Schweizer Versicherungsgesellschaft Zurich, Mario Greco, Ende vergangenen Jahres. Und in den USA hat ein Bundesgericht gerade geurteilt, dass, wenn ein Versicherungsvertrag auf "physische Schäden" abstellt, ein immaterielles Produkt wie Software bei einem Ransomware-Angriff beispielsweise nicht geschützt ist.

Im Vorjahr hatten laut Bitkom 21 Prozent der Befragten angegeben, nicht von Cyberkriminalität betroffen gewesen zu sein. 2020 waren es noch 34 Prozent, 2019 sogar 40 Prozent gewesen. "Wer sich im Internet bewegt, muss damit rechnen, auf Cyberkriminelle zu treffen. Deshalb ist es wichtig, dass alle entsprechende Sicherheitsmaßnahmen treffen – das reicht von der Verwendung sicherer Passwörter über die Installation von Virenschutzsoftware bis zur sparsamen Weitergabe persönlicher Informationen", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

"Aber auch gesunder Menschenverstand hilft gegen Cyberkriminelle. Wie in der analogen Welt gilt auch im Digitalen: Sind Angebote zum Beispiel von Online-Shops einfach zu gut, um wahr zu sein, sollte man die Finger weglassen. Und wer online von entfernten Verwandten oder Bekannten um Geld gebeten wird, sollte prüfen, ob es sich dabei wirklich um die vorgeblichen Personen handelt."

Fast die Hälfte der Internutzerinnen und -nutzer berichtet der Bitkom-Mitteilung zufolge, dass persönliche Daten ungefragt weitergegeben worden seien (46 Prozent). Viele wurden demnach zudem Opfer von Betrug, sowohl beim Online-Einkauf (29 Prozent) als auch bei Geldgeschäften wie Online-Banking oder dem Missbrauch der eigenen Kontodaten (13 Prozent). Bei rund einem Viertel (27 Prozent) wurde der Computer mit Schadprogrammen wie Viren infiziert, 17 Prozent bemerkten solche Vorfälle auf dem Smartphone.

Von Ransomware-Attacken betroffen waren 2 Prozent auf dem Smartphone und 1 Prozent auf dem Computer. Bei 9 Prozent wurden Zugangsdaten zu Online-Diensten ausspioniert, 3 Prozent mussten erleben, wie sich andere Personen online unter ihrem Namen für sie ausgegeben haben. Auch in der direkten Interaktion mit anderen Onlinern gab es zahlreiche strafbare Handlungen. So wurden 23 Prozent im Internet massiv beleidigt oder angegriffen, 9 Prozent sind sexuell belästigt worden – mit 13 Prozent sind hier Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer (6 Prozent).

Ein Drittel der Betroffenen (32 Prozent) hat auf die Vorfälle überhaupt nicht reagiert, rund die Hälfte (56 Prozent) hat das Gespräch mit Freunden und Bekannten gesucht und 6 Prozent haben andere auf die Vorfälle aufmerksam gemacht, etwa mit Beiträgen in sozialen Netzwerken. Ebenfalls knapp die Hälfte (47 Prozent) hat sich an das Unternehmen gewandt, das in Zusammenhang mit der kriminellen Aktivität stand, etwa die Social-Media-Plattform, die Bank oder der E-Mail-Anbieter. 18 Prozent haben ihren Account bei dem betreffenden Unternehmen gelöscht oder gekündigt.

Rund ein Fünftel (18 Prozent) hat Strafanzeige bei der Polizei gestellt, 9 Prozent haben sich an andere Behörden wie etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) gewandt und 1 Prozent hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Praktisch niemand (0,1 Prozent) gibt an, auf Forderungen der Kriminellen eingegangen zu sein. "Wer Opfer eine Straftat wird, sollte sie anzeigen. Häufig ist das auch online möglich", so Rohleder.

Neben Einzelpersonen sind immer wieder auch große Firmen wie Continental oder ThyssenKrupp, Behörden wie jüngst im Fall der Stadt Potsdam oder Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser betroffen.

Der Bitkom-Umfrage zufolge spricht sich eine breite Mehrheit der Onliner sich für einen stärkeren Einsatz der Polizei gegen Cyberkriminalität aus. 97 Prozent fordern mehr Geld für spezielle Polizeieinheiten, die gegen Kriminelle im Internet vorgehen. Und 93 Prozent verlangen, dass die Polizei mehr Präsenz im digitalen Raum zeigt. Nur 7 Prozent meinen dagegen, dass das Thema Internetkriminalität in der öffentlichen Debatte übertrieben wird. Rohleder: "Gesetze gelten online ebenso wie offline. Und genauso muss der Staat die Menschen online ebenso vor Kriminalität schützen wie offline."

(tkn)