DLD 2017: Auf der Suche nach dem verlorenen Plan

"What's the plan?" war das Motto der DLD-Konferenz von Hubert Burda Media. Die Antwort: man hat zwar keinen Plan, macht aber munter weiter.

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DLD 2017: Auf der Suche nach dem verlorenen Plan

(Bild: dld conference)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

In den USA gibt es mehr KassiererInnen als LehrerInnen. Geht die Entwicklung weiter, gibt es bald mehr LehrerInnen als KassiererInnen, denn dieser Beruf stirbt aus, wenn Amazons Shop-Konzept umgesetzt wird. Dieses einfache Beispiel wurde auf der DLD in München gleich mehrfach erwähnt. Mit den einfachen Leuten ist gut jammern, gerade nach der Wahl von Trump, welche die dem digitalen Leben gewidmete Konferenz überschattete. Er war der Elefant in der Bayerischen Staatsbank.

Nicht immer ging es dabei so höflich zu wie bei der direkten Befragung des künftigen Haushaltskommissares der EU "between bits and budgets": Günther Oettinger zeigte sich standhaft, gab keinen Kommentar über den EU-Verächter ab und meinte nur, dass Trump noch viel lernen müsste.

Gegen Trump müsse sich ganz Europa stabilisieren, dann würde die USA schnell ihre Grenzen kennen lernen. Ganz anders die sichtlich betroffenen US-Regulars wie Jeff Jarvis oder Kara Swisher, die seit Jahren zum Konferenz-Inventar bei Burda gehören. Swisher forderte die Anwesenden auf, gegen Trump anzutwittern. Jeff Jarvis schlussfolgerte, dass Journalisten bei ihrem Auftrag versagt haben, soziale Medien gut zu bespielen.

Die Schwerpunktthemen der Konferenz waren diesmal die künstliche Intelligenz sowie das autonome Kutschieren und Fliegen. Sie zeigten, dass ganz andere Berufe als das Personal in den Supermärkten entbehrlich werden. Wie war das nochmal mit den streikfreudigen Piloten in den fliegenden Transportröhren? Auf dem Weg zum Idioten-freien Unternehmen können auch Journalisten auf der Strecke bleiben.

Mit der künstlichen Intelligenz (KI) – und ihrem Nutzen für alle – beschäftigte sich nicht nur Microsoft-Chef Satya Nadella, sondern auch der Informatiker Jürgen Schmidhuber. Seiner leicht ironischen Definition zufolge versucht die KI unser Leben länger, gesunder und glücklicher zumachen, bei verstärkter Abhängigkeit vom Smartphone.

Während Schmidhuber als "Vater der modernen KI" angekündigt wurde, wurde Demis Hassibis, der Mann hinter Googles AlphaGo gleich als Superstar der KI-Szene ausgerufen. Gefragt, ob die KI einen Plan habe oder wisse, wohin es annähernd geht, ob gar die Menschen eines Tages von den Programmen übers Ohr gehauen werden, wich Hassabis geschickt aus: er möchte lieber einen Algorithmus für die menschliche Intuiton entwickeln, die sein Vorredner Wolf Singer als nicht-lineares Expertensystem eigener Art über den grünen Klee lobte. Wir können etwas, was Computer nicht können, aber eben auch einen Mitmenschen einfach so in den Rücken treten.

Zum besonderen Reiz der DLD gehört seit Anfang an die Kollision der Themen und der Akteure. Ganz oben im Gebäude der ehemaligen Staatsbank (auch als HVB-Forum bekannt) hatte Google für sein Nest eine schicke große Demo-Suite gemietet, ganz unten hielt Gabi Dreo Rodosek vom Cyberzentrum der Universität der Bundeswehr ein Plädoyer gegen das unsichere Internet of Heizungsregler und Lichtanmacher. Man in the middle ist Schnee von gestern, man in the sensor ist angesagt.

Rodosek wurde unterstützt von Lea Tarnowski, einer Risiko-Kapitalistin, die das zahlende Publikum der DLD-Konferenz bilden. Zu ihnen gesellte sich am Ende eine Hackerin, die erklärte, dass Shodan ein Dienst der Hacker-Community an alle sei, sich abzusichern. Dafür gab es Beifall.

What's the plan? Ein Plan, wie es weitergehen kann, wurde in München nicht ausgegeben. Zu deutlich wurde, dass sich mit einem Präsidenten Trump, der twittert, aber sonst alle digitalen Angebote verschmäht, eine neue Aufstellung gesucht werden muss.

Die nächste DLD ist in in der Nähe des Trump-Towers im Mai in New York, wenn Trump präsidiert. Was die erste DLD-Konferenz im Jahre 2017 präsentierte, würden Winzer als "gemischter Satz" benennen, eine Art Sicherheitsreserve für einen halbwegs trinkbaren Wein, mit Gewächsen aus allen Lagen.

(kbe)