Daimler-Aktionäre billigen Aufspaltung in Pkw- und Lkw-Sparte

Daimler möchte durch eine Trennung in eine Pkw- und eine Lkw-Sparte den Wert jedes einzelnen Unternehmensteils steigern. Die Anteilseigner stimmen zu.

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Mercedes H2-Lastwagen

Daimlers Lkw-Sparte soll künftig eigene Wege gehen.

(Bild: Daimler)

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  • dpa
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Anteilseigner von Daimler haben fast einstimmig die Aufspaltung in zwei getrennte Unternehmen für Autos und Nutzfahrzeuge gebilligt. Es habe beim entsprechenden Tagesordnungspunkt eine Zustimmung von 99,9 Prozent gegeben, teilte Aufsichtsratschef Bernd Pischetsrieder heute auf einer außerordentlichen Hauptversammlung mit. Das Treffen fand aufgrund der Beschränkungen wegen der Covid-19-Pandemie online statt.

Im Kern geht es darum, das Geschäft für Lkw und Busse aus dem Konzern herauszulösen und bis Weihnachten an die Börse zu bringen. Anteilseigner von Daimler sollen durch neue Aktien von Daimler Truck profitieren. Das Topmanagement will mit der Trennung den Wert der Einzelunternehmen steigern.

Autos und Lastwagen kommen bei Daimler bisher aus einem Haus. Das Lkw-Geschäft bei Daimler hat auch eine lange Tradition und blickt auf Wurzeln im 19. Jahrhundert zurück. Es stand lange im Schatten des größeren und prestigeträchtigeren Autogeschäfts. Daimler Truck sieht sich bei Nutzfahrzeugen als Weltmarktführer und hat über 100.000 Mitarbeiter.

Mit der Trennung unter dem Codenamen "Fokus" solle "Mehrwert für alle Seiten" geschaffen werden, sagte Vorstandschef Ola Källenius. Beide Unternehmen sollten stärker und wettbewerbsfähiger werden. "Wir sichern bestehende Arbeitsplätze – und schaffen neue." Das Autogeschäft unterscheide sich grundlegend von der Lkw-Sparte.

Mit Blick auf den Übergang vom Verbrennungsmotor zu neuen Antrieben fügte der Daimler-Chef hinzu: "Bei Pkw steht die Batterie im Mittelpunkt. Bei Trucks spielt auch die Brennstoffzelle eine wichtige Rolle." Die gesamte Branche steht wegen milliardenschwerer Investitionen in E-Autos und selbststeuernde Fahrzeuge vor Risiken und riesigen Herausforderungen. Andere Unternehmen gehen den Weg des Zusammenschlusses – so führt der europäische Stellantis-Konzern 14 Automarken, darunter Peugeot, Fiat oder Opel.

Die Aufspaltung Daimlers werde mit rund 700 Millionen Euro zu Buche schlagen, sagte Finanzvorstand Harald Wilhelm. Diese Einmalkosten beträfen unter anderem die Teilung und den Aufbau des Finanzdienstleistungsgeschäfts. Zudem werden bei Daimler Truck höhere laufende Kosten erwartet, die zu Beginn mit rund 250 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt werden. Der frühere Siemens-Chef Joe Kaeser soll Chef-Aufseher bei Daimler Truck werden.

Die Nachfrage nach Fahrzeugen sei hervorragend, resümierte Källenius. Wegen der Knappheit bei elektronischen Bauteilen könnten aber nicht alle Kunden pünktlich bedient werden. Der Mangel treffe die gesamte Industrie. "Wir arbeiten mit unseren Partnern daran, die Lage zu normalisieren. Aber auch nächstes Jahr wird der Halbleitermangel noch spürbar sein."

Fragen gab es bei dem Online-Treffen unter anderem zu möglichen Übernahmeversuchen in der Zukunft. Truck-Chef Daum sagte, es würden zwei starke Unternehmen entstehen. Die Minderheitsbeteiligung von Daimler an der Daimler Truck Holding in Höhe von 35 Prozent biete zudem einen Schutz von unerwünschter Einflussnahme. Unter Experten gibt es Befürchtungen, wonach das künftig einzeln geführte Pkw-Geschäft anfälliger für Übernahmeversuche werden könnte. Mercedes-Benz sei im Vergleich zu einigen Konkurrenten ein vergleichsweise kleiner Hersteller. Källenius verfolgt die Strategie, Mercedes-Benz als Luxusmarke zu führen. Eine Garantie, wonach die Ziele der Trennung alle vollständig erreicht werden, gibt es nach seinen Worten nicht.

Die Sparte für Autos und Vans soll künftig als Mercedes-Benz Group AG geführt werden. Der Name Daimler AG für die bisherige Dachgesellschaft wird Anfang kommenden Jahres ganz verschwinden. Die Aktionäre billigten auch diese Umfirmierung.

Der Markenname Mercedes-Benz und der Stern können von Daimler Truck weiter genutzt werden. Dazu gibt es eine Lizenzvereinbarung, wie das Topmanagement berichtete. Eine knappe Woche nach der Bundestagswahl äußerte sich der aus Schweden stammende Källenius auch zur Politik. "Wir brauchen effektiven Klimaschutz und eine starke Wirtschaft – ein Signal des Aufbruchs", forderte er. Eine Präferenz für eine bestimmte Koalition in Berlin äußerte er nicht.

(fpi)