Der Mobilfunkmarkt bricht auf

Mit einer Konsolidierung bei den Mobilfunk-Serviceprovidern nach der möglichen Übernahme von debitel durch Freenet AG muss die Fusionswelle nicht abebben, meinen Beobachter: Besonders die kleineren Netzbetreiber E-Plus und O2 könnten unter Druck geraten.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Murphy
  • dpa

Lange Zeit war der deutsche Mobilfunkmarkt starr wie ein Klumpen Eis: Die Tarife blieben hoch und über eine Konsolidierung wurde allenfalls spekuliert. Der Einbruch der Preise bringt nun aber Bewegung in die Branche. Nachdem in den vergangenen Monaten bereits kleinere Übernahmen über die Bühne gingen, setzt Freenet-Chef Eckhard Spoerr nun zum Befreiungsschlag an. Für einen Milliardenbetrag will er sich den doppelt so großen Rivalen Debitel einverleiben. Seit einigen Wochen verhandelt der 40-Jährige dazu mit dem Finanzinvestor Permira, der Debitel kontrolliert. Ein Abschluss könnte laut Angaben aus dem Umfeld der Gespräche in den nächsten ein bis zwei Wochen erzielt werden.

Spoerr beweist damit einmal mehr seine Wendigkeit. Seit der Fusion von mobilcom und freenet.de zur neuen Freenet AG vor einem Jahr kommt das Unternehmen nicht zur Ruhe. Aggressivere Aktionäre drängen seitdem auf eine Zerschlagung. Ihre Rechnung: Aufgeteilt in die Sparten Breitband, Mobilfunk, Portal und Webhosting ist das Unternehmen mehr wert als die derzeit an der Börsen taxierte eine Milliarde Euro. Getrieben von Großaktionären wie der Drillisch AG kam Spoerr kaum dazu, das operative Geschäft nach vorne zu bringen. Im Breitband- und Mobilfunkgeschäft hinken die Norddeutschen deshalb der Konkurrenz hinterher.

Auf Druck der Anleger stellte Spoerr kürzlich das Portal- und DSL- Geschäft mit seinen 1,3 Millionen Kunden zum Verkauf, für das sich Versatel, United Internet und Telefonica interessieren. Mit dem erwarteten Erlös von bis zu 900 Millionen Euro könnte Freenet den Kauf von Debitel zumindest teilweise finanzieren. Permira fordert nach Angaben aus der Branche 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro für Debitel. "Offenbar steht Permira aber unter Verkaufsdruck, der Preis könnte daher sinken", hieß es in Finanzkreisen.

Mit seinen Akquisitionsplänen vollzieht Spoerr ein Kehrtwende. Noch vor wenigen Monaten hatte der gebürtige Baden-Württemberger das Serviceprovider-Geschäft für tot erklärt, nun birgt es "Wachstumsfantasien". In der Tat sinken die Margen für die Zwischenhändler von Handy-Verträgen. Talkline hatte sich daher bereits unter die Fittiche von Debitel begeben. Mit einem Kauf der Stuttgarter Debitel AG würde Freenet allerdings in neue Regionen vorstoßen. Zusammen kommen die Unternehmen, die ohne eigenes Netz als reine Mobilfunk-Serviceanbieter operieren, auf 19 Millionen Kunden und würden damit der drittgrößte Anbieter nach T-Mobile und Vodafone D2, noch vor den Netzbetreibern E-Plus und O2. "Mit der Marktmacht könnte Freenet bei den Netzbetreibern deutlich bessere Konditionen herausschlagen", sagt ein Branchenexperte. Allerdings bleiben Zweifel an der Zukunft des Geschäftsmodells, denn die Netzbetreiber wollen möglichst viele Kunden direkt unter Vertrag nehmen.

Nach Einschätzung von Experten muss mit einer Konsolidierung der Serviceprovider die Fusionswelle nicht abebben. "Mit den sinkenden Handy-Tarifen steigt der Druck auch auf die Netzbetreiber", sagt ein Marktforscher. Er spielt damit auf ein altes Übernahmeszenario an, wonach sich die kleineren Anbieter O2 und E-Plus zusammenschließen könnten. Die beiden Unternehmen hatten vor einigen Jahren bereits über eine Verschmelzung verhandelt, diese dann aber verworfen. Für die Verbraucher wäre ein solcher Schritt voraussichtlich nicht vorteilhaft, wie ein Vorstand eines Netzbetreibers einräumt. "Es ist abzusehen, dass dann die Preise wieder steigen würden", sagt er. Das alte Gleichgewicht wäre damit wieder hergestellt. (Martin Murphy, dpa-AFX) / (jk)