Der Tüftler im Hintergrund verlässt T-Online

In der Branche wird darüber spekuliert, ob der schleppende Ausbau der Auslandsaktivitäten von T-Online mit ein Grund dafür war, dass Wolfgang Keuntje das Handtuch warf.

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Von
  • Volker Danisch
  • dpa

Wer am Freitag die Internetseite von Wolfgang Keuntje aufrief, wurde noch zielsicher auf die Webseite von T-Online geführt. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte der 43-jährige Vorstandschef des kundenstärksten Onlinedienstes in Europa seinen Posten bereits niedergelegt. Ausgeschieden sei der Manager auf eigenen Wunsch und aus persönlichen Gründen, begründete die Telekom in Bonn den überraschenden Schritt. Und Vorstandschef Ron Sommer klopfte Keuntje zum Abschied noch einmal kräftig auf die Schulter. Dieser habe maßgeblich dazu beigetragen, dass T-Online seine heutige Führungsposition erreicht habe, erklärte der oberste Telekom-Chef.

Mit mehr als sechs Millionen Kunden steht die Telekom-Tochter in Europa an erster Stelle. Allerdings: Die meisten entfallen auf Deutschland, auch wenn das Unternehmen mit Club Internet inzwischen auch in Frankreich aktiv ist. Die Internationalsierung des Unternehmens steht noch bevor. In der Branche wird darüber spekuliert, ob der schleppende Ausbau der Auslandsaktivitäten mit ein Grund dafür war, dass Keuntje das Handtuch warf. Nicht ausgeschlossen, dass es zwischen Tochter und Mutter auch unterschiedliche Vorstellungen über das Vorgehen beim Schritt ins Ausland gab. Der Börsenkurs von T-Online hatte in den vergangenen Tagen im Sog der mit Milliarden-Kosten belasteten Konzernmutter deutlich gelitten. Die Telekom war am Freitag sichtlich um Harmonie bemüht: Streit im Management kann das Unternehmen angesichts der bisherigen Talfahrt der T-Aktie am allerwenigsten gebrauchen.

Keuntje gilt als alles andere als ein typischer Vertreter der dot.com-Welt. Nach außen hin blieb der jugendlich wirkende Manager blass. Der Vater von zwei Kindern zog es meist vor, im stillen Kämmlerlein zu tüfteln. Als Jugendlicher gewann er einen Regionalpreis bei Jugend forscht. Nach dem Studium der Elektrotechnik begann er beim Stuttgarter Kommunikationsunternehmen Alcatel SEL 1983 seine berufliche Karriere. Gut zehn Jahre später kam er zur Telekom-Tochter DeTeSystem, wo er als verantwortlicher Manager neue Geschäftsfelder aufbaute. Im Sommer 1996 wurde Keuntje Sprecher der Geschäftsführung der Deutschen Telekom Online Service in Darmstadt. Zum 1. Januar dieses Jahres wurde die Gesellschaft in T-Online International AG umfirmiert und Keuntje ihr Vorstandschef. Seine Karriere bei der Telekom krönte Keuntje im April mit dem Börsengang des Unternehmens. (Peter Lessmann/Volker Danisch, dpa) (jk)