Deutsche Bahn: Apps für Mitarbeiter statt Zettelwirtschaft

Seite 2: Langwieriger Entwicklungsprozess

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Auch an der Strecke kommen die Tablets zum Einsatz.

(Bild: DB AG/Volker Emersleben)

Der Entwicklungsprozess dauert oft Monate. Die verschiedenen Geschäftsbereiche der Bahn fungieren dabei als Auftraggeber für DB Systel. „Engagierte Mitarbeiter, die sich an der Konzeption der App aktiv beteiligen wollen, findet man eigentlich immer“, sagt Kahlke. Diese Mitarbeiter helfen bei der Planung, testen die Apps dann im Einsatz und geben wichtiges Feedback für die nächsten Versionen. Die eigentliche Programmier-Arbeit wird oft von Teams in Indien oder Polen erledigt.

Neben der Entwicklung muss die DB Systel auch die Schulungen organisieren. Manche Anwendungsfälle sind so gut wie selbsterklärend. Ein erster Erfolg für die Digitalisierer war zum Beispiel eine App, die systematisch den Zustand der Tanks der Toiletten in ICE-Zügen erfasste. Musste das Servicepersonal früher jedes Mal nachgucken, ob ein Wassertank nachgefüllt oder ein Abwassertank geleert werden musste, liegt diese Information nun schon vor, bevor der Zug in den Bahnhof einfährt. Mit dem Erfolg solcher Anwendungen steigt jedoch der Funktionsumfang und der Nutzerkreis immer weiter an.

Auch das Zug-Personal hat mit dem Tablet Zugriff auf vielfältige Informationen.

(Bild: DB AG/Oliver Lang)

Zu dem Digitalisierungsprozess gehört es auch, die neuen Möglichkeiten der Geräte zu nutzen. So arbeitet die DB Systel gerade an einer App, die den Mitarbeitern Zugriff auf 4,5 Millionen Bestandspläne bietet, so dass diese nicht die mitunter drei Meter langen Pläne aus dem Plotter mit an die Baustelle bringen müssen. Für Korrekturen und Anmerkungen haben die Entwickler der App inzwischen einen Editier-Modus mit Stifteingabe ergänzt. Bevor die geänderten Pläne wieder in die interne Datenbank wandern, werden sie jedoch erst im Büro ins Reine gezeichnet. Dazu müssen die Prozesse angepasst werden.

Derzeit experimentiert die DB Systel mit Spracherkennung. So sollen Wagenmeister ihre Apps bedienen können, ohne ständig ihre Werkzeuge wegzulegen und ihre Handschuhe auszuziehen. Auch hier müssen die Entwickler ausgiebige Feldforschungen betreiben, damit die künftige App einen bayerischen Mitarbeiter genauso gut versteht wie einen aus Niedersachsen. Auch die passenden Mikrofone für die teilweise lauten Arbeitsumfelder müssen gefunden werden.

Mittlerweile hat DB Systel über 80 Apps für Mitarbeiter der Deutschen Bahn entwickelt – pro Jahr kommen ungefähr 15 hinzu. Damit erreichen die Programmierer ständig neue Gruppen von Arbeitnehmern, die bisher noch mit Papier und Zurufen ihre Arbeit organisieren und dokumentieren müssen.

Diese Zettelwirtschaft soll jedoch bald ein Ende haben: So hat der Konzern angekündigt bis Ende kommenden Jahres 60.000 weitere Angestellte mit Smartphone oder Tablet auszustatten - alle Angestellten in „operativen Berufsgruppen“ sollen mit einem digitalen Endgerät angebunden sein. (vbr)