Die Erleuchtung: Arbeiten im LAB-Farbraum

Seite 2: Leuchtstoff

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Man sollte nun nicht gleich die komplette Bildersammlung in LAB konvertieren, denn welches der ideale Bearbeitungsmodus ist, hängt vom Motiv ab. Allgemein bietet sich LAB immer dann an, wenn Sie kaum sichtbare Farbunterschiede verstärken möchten: Beispielsweise um aus einem typischen Urlaubsmotiv mit blauem Meer vor bläulich gefärbter Skyline vor bläulich bewölktem Himmel die eigentlichen Töne herauszudifferenzieren oder einem einheitssandfarben erscheinenden Canyon sein wahres Farbspiel zu entlocken. Zu den aussichtsreichen LAB-Kandidaten gehören daher Landschafts- und Städteaufnahmen mit der typischen Dunst- und Smog-Glocke. Solche Schleier filtert die menschliche Wahrnehmung zum Zeitpunkt der Aufnahme zwar automatisch heraus und verleitet zum Druck auf den Auslöser, doch die Kamera zeigt leider die ungeschönte Realität.

Die einfachste Form der LAB-Korrektur: Eine einzige Einstellungsebene mit steilen a- und b-Kurven sowie leichter Kontrastverstärkung im L-Kanal differenziert die Farben und bringt sie zum Leuchten.

Motive mit gesättigten Farben eignen sich weniger für die hier vorgestellten LAB-Techniken, da sie die bereits leuchtenden Objekte nur unnatürlich grell wirken lassen. Viele Bilder wie etwa das links lassen sich bereits durch einfaches Aufsteilen der Gradationskurven für den a- und b- Kanal verbessern: Technisch bewirkt dieses Aufsteilen eine Tonwertspreizung und damit eine Differenzierung der vorhandenen Farbtöne des jeweiligen Kanals, das Auge verwöhnt es mit leuchtenden, kräftigen und klaren Farben. Je farbloser das Ursprungsbild ist, desto steiler dürfen die Kurven ausfallen. Um den Effekt möglichst flexibel steuern zu können, sollten Sie die Korrektur als Einstellungsebene anlegen. Dann können Sie nämlich auch etwas tiefer in die Trickkiste greifen und die Kurven so extrem gestalten, dass das Bild fast so bunt aussieht wie mit einer Wärmekamera aufgenommen. Regelt man nun die Deckkraft der Einstellungsebene auf etwa 20 Prozent oder weniger herunter, wirkt das Motiv wie von sanftem Sonnenlicht beschienen. Zudem können Sie die Leuchtkraft später jederzeit durch einfaches Ändern der Ebenentransparenz variieren.

Nicht bei jedem Foto möchte oder darf man alle Farben gleichmäßig verstärken. In eine Wald und Wiesenszene beispielsweise soll vor allem sattes Grün fließen, während Porträts meist eine Portion Selbstbräuner vertragen können. Ersteres erreicht man mit einer Kurve, die im a-Kanal – der ja die Rot-Grün-Balance repräsentiert – deutlich steiler als im b-Kanal ausfällt, letzteres eher mit einer Betonung des b-Kanals, der die Gelb- und Blautöne steuert. Kontrast- und Beleuchtungskorrekturen führt man ebenso einfach im L-Kanal durch. Beispielsweise lässt sich der Kontrast mit Hilfe einer S-Kurve verstärken. Wer akribisch in den Lichtern, Schatten und Mitteltönen operieren möchte, experimentiert mit Variationen von Wellen- oder S- Gebilden.

Nicht bei allen Bildern ist die Arbeit mit einem einfachen Aufsteilen der ab-Kurven erledigt. Geraten die Farben dadurch zu grell oder unnatürlich, muss man das Bild genauer analysieren und sich kompliziertere Kurven ausdenken. Insbesondere sollte man sich vergewissern, ob die Ursprungsfarben einfach nur blass oder auch farbstichig sind – was das Bild oft gar nicht so eindeutig verrät. Schnee beispielsweise muss nicht immer weiß sein, sondern kann in der Sonne eher gelblich bis rötlich und im Schatten bläulich aussehen. Bei Unsicherheit vergleicht man am besten mit Hilfe der Einstellungsebenen verschiedene Korrekturvarianten. Einen Blaustich entfernen Sie, indem Sie den Mittelpunkt der b-Kurve unterhalb der Diagonalen platzieren, einen Rotstich durch Verschieben der a-Kurve in Richtung Grün – auch Kombinationen sind manchmal erforderlich. Bei solch komplexen Problemen hilft es zu rekapitulieren, was einen wohl dazu getrieben haben mag, eine bestimmte Szene zu fotografieren.

Der flaue Tümpel (l. o.) wird in drei Schritten zum tiefblauen Bergsee: 1.) allgemeinen Anhebung von Kontrast und Sättigung (r. o.) 2.) Abdunkeln der Blautöne von See und Himmel (m.) 3.) Farb- und Helligkeitskorrektur der rötlichen Steine (u.).

Bei dem Bild auf der rechten Seite hat der Fotograf vermutlich einen tiefblauen, klaren Bergsee vor Schönwetterhimmel gesehen. Herausgekommen ist aber ein milchiger Teich mit Magentastich – in diesem Zustand eigentlich ein Kandidat für den Löschknopf. Einen Vorzeige- Bergsee stellt man sich deutlich dunkler vor, die Steine müssen durchscheinen. Der dazu passende Himmel ist keinesfalls so blass. Der leichte, aber störende Magentatouch verschwindet, wenn Sie die a-Kurve knapp unterhalb der Diagonalen platzieren. Um die Steine herauszuarbeiten, muss man den Tonunterschied zwischen ihnen und dem umgebenden Wasser verstärken – ein klarer Fall für das Aufsteilen der Kurven im a- und b-Kanal. Lineare Kurven erzeugen hier ein sehr leuchtendes Blau. Um den intensiven Ton auf der Schattenseite der Berge zu neutralisieren, haben wir steilere und flachere Bereiche in die Kurve eingebaut. Eine nach unten durchhängende Luminanzkurve färbt den See tiefblau und auch den Himmel so intensiv, wie man es von Polfilteraufnahmen her kennt, dunkelt aber leider auch die Steine ab.

Diese Bereiche können Sie in Photoshop ganz ohne Maskierung mit wenigen Handgriffen ausschließen: Dazu steuern Sie in den Ebeneneffekten die Fülloptionen an und schränken den Farbbereich im b-Kanal auf die Blautöne ein. Einen weichen Übergang zwischen ein- und ausgeschlossenen Bereichen schaffen Sie durch Teilung des rechten Reglers (ziehen bei gedrückter Alt-Taste). Zwei weitere per Fülloptionen auf die Gelbtöne eingeschränkte Gradationskurven hellen die beiden Steinbänder auf und verleihen ihnen einen wärmeren Schimmer. Was mit den Photoshop-Alternativen PhotoLine 32 und Photo-Paint leider nicht funktioniert, sind die oben beschriebenen verfeinerten Überblendtechniken („Ebeneneffekte/Fülloptionen“), die Ebenen auch kanalweise kombinieren und die Überblendung bei Bedarf auf bestimmte Wertebereiche eines Kanals einschränken.

Sie eignen sich auch sehr gut, um Smog aus Bildern zu vertreiben, ohne den störenden Dunst durch einen Farbstich zu ersetzen. Die Stadtansicht ist ein typisches Beispiel, in dem der Fotograf vermutlich viel klarere Farben wahrgenommen hat, als die Kamera aufzeichnen konnte. Insbesondere das Wasser der Bucht im Hintergrund sowie das Gras im Vordergrund sollten kräftiger und natürlicher ausfallen. Eine erste Farb- und Kontrastverbesserung erreicht man, indem man sowohl den Kontrast im Luminanz- als auch im Blaukanal mit Hilfe einer duplizierten Ebene und des Ebeneneffekts „Überlagern“ verstärkt – die Wirkung lässt sich mit Hilfe des Deckkraftreglers steuern. Da wir in erster Linie die kühlen, bläulichen Farben intensivieren wollten, haben wir die Korrektur auf diesen Farbbereich beschränkt.

Das bedeutet, dass nur Pixel, die im b-Kanal negative Werte aufweisen, mit sich selbst überlagert werden. Um abrupte Übergänge zu vermeiden, definiert man bei gedrückter Alt-Taste beim Ziehen des Reglers einen angemessenen Übergangsbereich. Insbesondere in den Mitteltönen wirkt das Stadtbild noch recht hell und undifferenziert. Abhilfe schafft eine wellenförmige Kurve für den L-Kanal, die insbesondere den mittleren Teil des Motivs plastischer wirken lässt. Aufhellung und Kontrastverbesserung bringen ans Licht, dass der erste Korrekturschritt leider auch die dunklen Vordergrundgebäude und die Brückenpfeiler bläulich getüncht hat – was bei weit entfernten Objekten glaubwürdig wirkt, in greifbarer Nähe hingegen nicht. Eine Verschiebung der b-Kurve in Richtung Gelb, eingeschränkt auf die dunklen bis mittleren Tonwertbereiche, befreit die Gebäude von ihrem unrealistischen Schimmer.