Die Wiederentdeckung der innenumgriffenen Scheibe

Der Autozulieferer Continental meldet die Entwicklung eines Rad-Bremsen-Konzepts fĂŒr Elektrofahrzeuge. Es handelt sich um die konsequente Weiterentwicklung eines schon lĂ€nger bekannten Prinzips: Man besann sich dazu auf die spezifischen FĂ€higkeiten der innenumgriffenen Scheibenbremse

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Continental
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Inhaltsverzeichnis

Der Autozulieferer Continental stellt ein Rad-Bremsen-Konzept fĂŒr Elektrofahrzeuge vor. Es handelt sich um die konsequente Weiterentwicklung eines schon lĂ€nger bekannten Prinzips: Man besann sich dazu auf die spezifischen FĂ€higkeiten der innenumgriffenen Scheibenbremse.

Erstmals am Auto hatte Audi dieses Konzept am Audi V8 in Serie gebracht. Um eine möglichst große BremsscheibenflĂ€che (der Hersteller ATE gibt rund 30 Prozent an) in den damals noch kleineren Felgentöpfen unterbringen zu können, entschied man sich fĂŒr eine in einem zusĂ€tzlichen Topf außen aufgehĂ€ngte Scheibe mit einem Bremssattel, der innen an der Scheibe angriff. Mit dieser wegen ihrer Form scherzhaft als „UFO-Bremse“ bezeichneten Vorrichtung vergrĂ¶ĂŸerte Audi allerdings die ungefederte Masse durch die Dopplung des Topfs (einer fĂŒr die Felge, ein zusĂ€tzlicher fĂŒr die Bremsscheibe).

Die Wiederentdeckung der innenumgriffenen Scheibe (5 Bilder)

Diese EBR 1190R von 2014 zeigt ganz deutlich, was mit "Innenumgriff" gemeint ist: Die Scheibe ist mit der Felge verschraubt. Ebenso klar wird die GrĂ¶ĂŸe der Scheibe und ihr dadurch gĂŒnstiger Hebel.
(Bild: EBR)

Das ist einerseits absurd, andererseits verstĂ€ndlich: HĂ€tte man konsequent die Scheibe an der Felge befestigt, wĂ€re nicht nur der Topf weggefallen, sondern Audi wĂ€re auch mit leichteren Felgen belohnt worden. Andererseits ist auch aus heutiger Sicht sehr gut verstĂ€ndlich, dass der Großserienanbieter Audi lieber bei den weitverbreiteten, „normalen“ Serienfelgen (15 Zoll mit der Reifendimension 215/60R15) bleiben wollte. Es blieb bei dieser kleinen Serie, die sich auf wenige tausend Autos beschrĂ€nkte.

Der erste, der die Vorteile dann auch vollumfĂ€nglich umsetzte, war der amerikanische Motorrad-Kleinserienhersteller Buell. SerienmĂ€ĂŸig hatten seine sportlichen Zweizylinder-KraftrĂ€der eine außen an der Felge befestigte Einscheiben-Vorderradbremse. Durch diese Befestigung wirken die BremskrĂ€fte direkt auf die Felge, ohne TorsionskrĂ€fte auf die Radspeichen auszuĂŒben. Dies erlaubt die Verwendung besonders leichter Felgen, was die ungefederten Massen deutlich verringert. Leichtere RĂ€der ermöglichen, die DĂ€mpfung feinfĂŒhliger abzustimmen und das Abtastverhalten des Fahrwerks zu optimieren. Die Straßenlage verbessert sich, weil die Traktion in Kurven und beim Bremsen steigt.

Buell taufte die Angelegenheit folgerichtig „ZeroTorsionalLoad“, hier heißt es dann auch „Perimeterbremsscheibe“. Sie erlaubt zudem eine deutlich grĂ¶ĂŸere BremsscheibenoberflĂ€che und gleichzeitig mehr Bauraum fĂŒr BremssĂ€ttel mit mehreren Bremskolben. Der nutzbare Durchmesser wĂ€chst knapp auf Felgendurchmesser und erspart so auch den bei konventionellen Motorradbremsen ĂŒblichen Einbau einer zweiten Scheibe.

Etwas anders liegen die Anforderungen in Elektroautos, doch bieten innenumgriffene Scheiben auch hier unbestreitbare Vorteile. Continental erinnert daran, dass im Interesse der Reichweite möglichst hĂ€ufig rekuperativ mit dem Elektromotor gebremst wird. Das speist einen Teil der Bremsenergie in die Traktionsbatterie zurĂŒck.