Digital Services Act: Beschwerdedatenbank startet mit zig Millionen Einträgen

Die EU-Kommission hat eine Transparenzdatenbank eingerichtet, in der sie die Begründungen von Plattformen fürs Löschen oder Einschränken von Inhalten anzeigt.

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(Bild: Shyntartanya/Shutterstock.com)

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Seit dem teilweisen Greifen des Digital Services Act (DSA) im August müssen zunächst 19 besonders große Plattformbetreiber wie Amazon, Facebook, Google mit YouTube, Instagram, TikTok und X (vormals Twitter) illegale und schädliche Inhalte wie Hass und Hetze nach Beschwerden etwa von Nutzern zeitnah löschen oder in ihrer Verbreitung einschränken. Die Betroffenen haben das Recht, die Gründe für das Einschreiten zu kennen. Die EU-Kommission sammelt diese Begründungen in einer Transparenzdatenbank, die seit Anfang der Woche in einer Beta-Version öffentlich verfügbar ist. Eigentlich hätte die Brüsseler Regierungsinstitution das Instrument erst Mitte Februar online stellen müssen, wenn auch kleinere Anbieter von Online-Plattformen die Pflichten aus dem DSA zu befolgen haben.

Am Mittwochabend um 18:20 Uhr befanden sich bereits knapp 70 Millionen Einträge in dem Online-Verzeichnis, das sich im Sekundentakt weiter füllt. Die Suchfunktion wies allein für TikTok knapp über eine Million Berichte aus, für Instagram rund 80.000, Google mit Diensten wie dem Play Store und Maps etwa 70.000 und YouTube separat circa 16.000. Auf Amazon entfielen über 30.000 Einträge, auf den chinesischen Marktplatz AliExpress nur fünf. Für Snapchat wurden rund 6000 Berichte gelistet. Für Pinterest finden sich über die Suche keine Einträge, beim manuellen Blättern in den so zugänglichen neuen 10.000 Resultaten aber schon. Offenbar ist die Funktion noch nicht ganz ausgereift, denn auch für Facebook und X spuckt die Suche bislang keine Ergebnisse aus.

Als konkrete Begründungen tauchen oft Gewalt, Pornografie oder sexualisierte Inhalte, rechtswidrige oder schädliche Rede sowie Jugendschutz auf. Auch Betrug oder Selbstverletzung sind Bestandteile. Aus den TikTok-Begründungen etwa geht oft hervor, dass Inhalte nicht mit den Geschäftsbedingungen der Plattform vereinbar, auf eigene Initiative hin "vollständig automatisch" entdeckt und gelöscht worden seien. Nutzer können gegen eine solche Entscheidung zwar Beschwerde einlegen oder sonstige Ungereimtheiten melden. Trotzdem ist fraglich, ob bei einer solchen Vorgehensweise die Meinungsfreiheit hinreichend gewahrt bleibt.

Mit der Datenbank sollen Nutzer zusammenfassende Statistiken einsehen, nach bestimmten Begründungen suchen und Daten herunterladen können. Derzeit unterstützt die entsprechende Extraktionsfunktion den Download der ersten 1000 Datensätze eines bestimmten Suchergebnisses im CSV-Format. Anwender können Daten aber auch mehrmals in regelmäßigen Abständen extrahieren. Die Kommission will in den kommenden Monaten neue Funktionen zur Datenbank hinzufügen, etwa zur besseren Visualisierung und Analyse etwa von "Schattennetzwerken" mit gefälschten Profilen, über die potenziell Beeinflussungskampagnen gesteuert werden könnten. Eine offene Schnittstelle (API) für Forscher zieht sie "in Betracht".

Nähere Informationen zur Struktur der Datenbank und individueller Datenfelder liefert die Kommission in einer Dokumentation. Jeder verpflichtete Dienst hat demnach eine eigene Kennung in Form einer Platform Unique Identifier (PUID) und muss die betroffenen Inhalte näher erläutern. Der Quellcode der Datenbank ist auf GitHub öffentlich zugänglich. Nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das durch den DSA weitgehend ersetzt wird, mussten Betreiber großer sozialer Netzwerke halbjährlich Transparenzberichte vorlegen. Die größte Zahl an Beschwerden ging demnach in der Regel bei Twitter ein, im ersten Halbjahr 2022 etwa 829.370. In 118.938 Fällen ergriff der Betreiber damals Maßnahmen wie Blockaden oder Löschungen.

(olb)